Der Tierarzt Rafi Kishon pflegt das humoristische Erbe seines Vaters. Foto: R/Philipp Bögle

Im Rahmen der Jüdischen Kulturwochen hat Rafi Kishon im Renitenztheater an Leben und Werk des großen Satirikers erinnert.

Mit der Einladung von Rafi Kishon ist den Programmmachern der Jüdischen Kulturwochen ein kleiner Coup gelungen, denn wie der Gemeindedirektor der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg, Michael Rubinstein, zur Begrüßung im ausverkauften Renitenztheater berichtet: Der Sohn von Ephraim Kishon war fünf Jahre nicht im Ausland. Derzeit komme auch das professionellste Reisebüro an seine Grenzen, wenn es einen Flug aus Israel organisieren soll. Über Bukarest und München sei es dann irgendwie gelungen.

 

Über das Schicksal lachen

Rafi Kishon ist nicht nur berühmt, weil er der Sohn des 2005 verstorbenen Bestsellerautors ist, sondern er hat es auch als Tierarzt in Tel Aviv zu Bekanntheit gebracht. Studiert hat er in Gießen, seinen Doktor in Heidelberg gemacht und danach eine Zeit lang in einer großen Kleintierpraxis in Mannheim gearbeitet. „Das ist sehr viel besser als eine kleine Großtierpraxis“, sagt Kishon, der den Humor von seiner Mutter geerbt habe, wie sein Vater zu scherzen beliebte. Passenderweise ist der Abend nach einem der Bücher Ephraim Kishons überschrieben: „Es bleibt in der Familie.“

Dem ist tatsächlich so, was eine bisschen schade ist: Denn der Sohn berichtet nur wenig vom eigenen Erleben des Vaters, sondern mehr aus Überliefertem. Dennoch bekommt das Biografische durch die Erzählung des Sohnes eine ganz andere, eine persönliche Note. Etwa wie der 1924 in Budapest in eine ungarisch-jüdische Familie Hineingeborene den Holocaust überlebte und dadurch zum Humoristen wurde: „Über das Schicksal zu lachen, darin sind Juden seit 2000 Jahren gut“, sagt Rafi Kishon und erzählt, wie der Vater durch sein Schachwissen in die Nähe des Kommandanten im Arbeitslager geriet und so die Gelegenheit bekam, Dokumente zu stehlen und zu fälschen, die die Flucht ermöglichten.

Auch im späteren Leben habe das Fälschen von Dokumenten „den Prozess bei manchen Behörden verkürzt“, gesteht der Sohn mit einem Augenzwinkern. Dass aus dem geborenen Ferenc Hoffmann nach eigener Umbenennung erst ein Ferenc Kishont und dann 1949 bei der Einbürgerung in Haifa der Ephraim Kishon wurde, ist anekdotisch überliefert. Kurios, wie der Einwanderer im Alter von 25 Jahren noch kein Wort Hebräisch konnte und die Zeit nach seinem Toilettenputzdienst in einem Kibbuz nutzte, ein Wörterbuch auswendig zu lernen „und somit auch alle Wörter kannte, die niemand benutzt“.

Bürokratie – ein internationales Ärgernis

Zweieinhalb Jahre später schon schrieb Kishon, der seinen ungarischen Akzent nie losgeworden ist, erste Kolumnen und Humoresken auf Hebräisch. Ein Jahr darauf verfasste er ein Theaterstück und wurde zum meistgelesenen Autor Israels. Von den 43 Millionen verkauften Büchern waren 33 Millionen in deutscher Sprache, übersetzt aus dem Englischen vom kongenialen österreichischen Schriftsteller Friedrich Torberg. Der erschuf so nebenbei auch „die beste Ehefrau von allen“, denn im hebräischen Original klinge „die kleine Frau“ zwar niedlich, auf Deutsch aber weniger, sagt Rafi Kishon.

Die Bewunderung für den Vater spürt man das ganze Programm hindurch, das 90 Minuten ohne Pause gut gelaunt durchläuft, mit einigen Einspielern von alten Filmen, bei denen der Selfmademan selbst Regie führte und es damit immerhin zu drei Golden Globes und zwei Oscar-Nominierungen brachte. Der berühmteste seiner Filme bildet die Klammer des Abends – der „Blaumilchkanal“, in dem Kishon die Bürokratie ad absurdum führt. Vielleicht auch ein Grund für den großen Erfolg des Satirikers in Deutschland. Der Sohn kann sich mit Blick auf die zahlreichen Baustellen in der Stadt den frotzelnden Vergleich nicht verkneifen – im Film sei es „wie hier in Stuttgart, sie machen Löcher überall“.

Das große Thema kennt mal also auch in einem fernen Land, das so klein ist, dass Ephraim Kishon bei einem Besuch eines Onkels aus Amerika, der ganz Israel gezeigt bekommen wollte, sagte: „Ja, klar, aber was machen wir am Nachmittag?“ So schmunzelt man sich durch einen im positiven Sinne harmlosen Abend der Jüdischen Kulturwochen, der auch mal guttut. Der Streifenwagen, der gegenüber dem Renitenztheater postiert war, konnte schon vor Ende der Vorstellung wieder abgezogen werden.