Mountainbike: Die Iranerin muss viele Hürden überwinden

Die Verabredung zu einem Telefonat mit Faranak Partoazar über einen Messenger-Dienst ist unkompliziert. Sie lebt bei ihren Eltern im Haus, das Gespräch mit unserer Zeitung dauert eineinhalb Stunden, es bleibt an jeder Stelle interessant. Was aus der lebhaften und intelligenten Frau geradezu heraussprudelt, wirft Schlaglichter auf ihre Perspektive auf die Welt und den Mountainbike-Sport.

Die Schulen sind geschlossen, auch die Universität. Aber sonst läuft alles normal. (Anm.: Bei Redaktionsschluss hat sich die Lage verschlechtert, Fitnessstudios sind geschlossen). Die Verantwortlichen reden keinen Klartext, sie sind nicht ehrlich.

Ich habe 2014 richtig angefangen. Da wurde ich erstmals in die Nationalmannschaft eingeladen. Es war das erste Jahr, in dem sie Frauen aufgenommen haben. Bis dahin gab es das nicht. Männer sind auch außerhalb vom Iran Rennen gefahren, aber Frauen nicht. Die dachten, die können das nicht, sie haben keine Chance. Es hat natürlich auch damit zu tun, wie die Gesellschaft im Iran über Frauen und Radfahren denkt.

2014 hatten wir einen Coach aus den Niederlanden, Harry Hendriks. Er hat für uns gekämpft und konnte die Verantwortlichen überzeugen. Das werde ich ihm nie vergessen.

Ja, ich war bei zwei Rennen in der Türkei und bei den Asiatischen Meisterschaften (in Indonesien). Das war so ein großer Unterschied. Das war fast wie Weltmeisterschaften. Es ein völlig anderes Level. Von da an habe ich mir gesagt, ich will auf dieses Niveau kommen, ich will nicht einfach so brutal abgehängt werden.

Es war ein anderes Level. Ich hatte bis dahin nie einen Europäer fahren sehen und die echten Rennen noch nie erlebt. Wir sind nach Italien geflogen und sind ein HC- und ein C1-Rennen gefahren. Da waren so viele top Leute. Das war ein weiterer Wendepunkt für mich.

Es hat mich motiviert. Bei den Asien-Meisterschaften wurde ich bis dahin immer überrundet. Ich sagte zu Primoz, nächstes Mal will ich nicht mehr überrundet werden. Ich hatte das Gefühl, dass sich was bewegt. Und dann wollte ich eine Medaille. 2017 habe ich im Team-Wettbewerb eine Medaille gewonnen, aber das zählt nicht wirklich. 2018 habe ich auf den Philippinen die erste Medaille gewonnen. Das war die erste Medaille für eine Frau in der Geschichte des iranischen Radsports bei den Asien-Meisterschaften. Das war ein riesiger Schritt für uns. Erst von dan an wollte der Verband, dass ich weitermache.

Sie haben nicht mal über Frauen nachgedacht. Die Männer kamen immer zuerst, auch wenn ich die besseren Resultate hatte. 2018 hat sich das verändert. Ich wollte dann auch als erste Frau bei den Asian Games dabei sein. Und dann sagten sie, okay, wir schicken dich dahin. Weil sie gesehen haben, dass ich Medaillenchancen habe.

Ja, leider ist mir gleich am Anfang die Kette gerissen, und ich musste drei Kilometer laufen. Ich habe sieben, acht Minuten verloren, war Letzte und habe mich noch auf den vierten Platz nach vorne gekämpft. Da war ich ziemlich niedergeschlagen. Aber ich wurde für die WM in Lenzerheide nominiert.

Ich konnte es kaum glauben, wie groß die Unterschiede sind. Da waren so viele Frauen, und ich habe die Atmosphäre so genossen, alles ging um die Athleten und den Sport. Ich hatte nie das Gefühl, dass man mich als Iranerin komisch anschaut, als Fremde, als Terroristin, als gefährlich.

Ich will mich nicht als Opfer der schwierigen Situation in meinem Land sehen. Viele Dinge sind nicht gut, aber ich will das nicht als Entschuldigung nehmen. Ich will nicht sagen, deshalb kann ich das nicht. Ich will sagen: ich kann. Ich mag es nicht, bedauert zu werden.

Die Weltmeisterschaften sind meine erste Priorität, wenn ich ein Visum bekomme. Ich hoffe, ich kann Geld verdienen, um auch noch andere Rennen zu fahren. Das ist das Ziel. Aber Albstadt will ich auf jeden Fall fahren.

Als ich ein Kind war, hatten meine Zwillingsschwester und ich ein Fahrrad. Und ich habe es geliebt, Rad zu fahren. Aber mit neun Jahren mussten wir aufhören, weil es in unserer Gesellschaft heißt: Frauen sollen kein Rad fahren, es ist nicht angemessen. Ich habe im Fernsehen Sachen gesehen von Leuten, die mit dem Fahrrad um die Welt fahren, und diese Idee hat mich fasziniert.

Ja, um die Welt kennenzulernen. Das war mein Ziel. In den ersten Tagen bin ich bei Tagesanbruch losgefahren, bevor die Leute auf die Straße kamen. Ich habe mich gefühlt wie ein Kind. Ich bin dem Radfahren wirklich verfallen, und irgendwann haben mich auch die männlichen Radfahrer gesehen. Sie haben mich dann aufgefordert, zu einem Rennen zu kommen.

Ich bin da hin. Ich erinnere mich, dass ich keinen Helm hatte, ich hatte nichts und wusste nicht mal, wie ich schalten musste. Ich wusste nur, wie man pedaliert.

(Lacht). Das ist vielleicht ein bisschen lustig. Ich war 21.

Erst einmal haben sie mich nicht unterstützt. Sie waren besorgt über die Reaktionen in der Gesellschaft. Eine Frau auf einem Fahrrad hat man als Rebellion betrachtet. Ich habe für mein Recht gekämpft und dachte, sie können ja später ihre Meinung ändern. Jetzt sind sie stolz, dass ich so viel erreicht habe.

Ja, wir müssen unseren Körper bedecken, es gibt einen offiziellen Dress Code. Wir müssen über der Radhose auch einen Rock tragen.

Lenzerheide 2018 war eine großartige Erfahrung. Dass ich in Albstadt schon zweimal gewesen bin, ist ein großer Bonus. Hier kann ich mich besser selbst organisieren. Letztes Jahr war ich in einem Zimmer unweit der Strecke, und ich habe mich dort sehr willkommen gefühlt. Darauf freue ich mich am meisten. Die Familie war so warmherzig, daran erinnere ich mich sehr gern. Und das Rennen war sehr gut organisiert, darauf freue ich mich auch. n Die Fragen stellte Erhard Goller.

Faranak Partoazar, Ihre Heimat Iran wurde auch vom Corona-Virus erreicht. Wie ist die aktuelle Lage in Shiraz?

Sie betreiben Frauen-Radsport im Iran. Wie viele Hürden mussten Sie dafür überwinden?

Und wie kam es dazu, dass Frauen erstmals eingeladen wurden?

2014 sind Sie erstmals Rennen im Ausland gefahren.

Primoz Strancar hat als Nationaltrainer auch die Fahrtechnik forciert.

Inwiefern?

Wie hat sich der Widerstand bis dahin denn geäußert?

Bei Ihrer Teilnahme an den Asian Games in Jakarta haben sie dann als Vierte eine Medaille knapp verfehlt.

2017 haben Sie in Nove Mesto Ihr erstes Weltcup-Rennen bestritten und dann in Albstadt gleich Ihr zweites. Was war das für ein Erlebnis für Sie?

Es scheint schwierig für Sie außerhalb des Landes Rennen zu fahren?

Wie sehen Ihre Planungen für die WM in Albstadt aus?

Im Iran ist der Radsport kaum sichtbar. Wie ist denn aus Ihnen eine Mountainbikerin geworden?

Es war also eher touristisches Interesse am Radfahren

Und Sie sind da hin gegangen?

Wie alt waren Sie da?

In der iranischen Gesellschaft ist Frauen-Radsport nicht gerne gesehen. Was haben Ihre Freunde und Ihre Familie gesagt, als sie damit begonnen haben?

Da sind auch die Kleider-Vorschriften. Beim Weltcup in Albstadt sind Sie aufgefallen, weil sie nicht nur Radklamotten tragen.

Albstadt wird Ihre zweite WM. Worauf freuen Sie sich am meisten?