Ronja Eibl in ihrem Element. Foto: sb

UCI Mountainbike WM: Die Juniorin Ronja Eibl über Defekte, Infekte und Heim-Effekte. Mit Interview

Im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten verrät Ronja Eibl, worauf sie sich bei ihrer Heim-WM am meisten freut.

Ronja, aus Ihnen ist in einem Raketentempo die deutsche Hoffnungsträgerin geworden. Wie geht es Ihnen in dieser Rolle?

Also, ehrlich gesagt, lass ich das genauso wenig an mich ran wie den Umstand, dass ich das Gesicht der WM in Albstadt bin. Ich würde mich nicht so bezeichnen, das sehen andere Leute halt so. Für mich ist es immer noch so: Ich fahre jetzt Weltcup, das sind die größten Rennen, die es gibt. Aber vom Ding her hat sich, seit ich Alb-Gold Juniorscup gefahren bin, bis jetzt, im Großen und Ganzen nichts geändert. Ich gehe trainieren, ich fahre zum Rennen mit meinem Vater, ich fahre mein Rennen (lacht). Egal, ob Juniorscup oder Weltcup.

Vermutlich wird es sich am 27. Juni im Bullentäle aber etwas anders anfühlen?

Ja. Bisher waren da im U23-Weltcup um 8.30 Uhr halt zehn Zuschauer und irgendwelche Eltern und zwei vom Roten Kreuz (lacht). Im Grunde hat es wohl keinen interessiert, wer das U23-Rennen gewonnen hat. Ich denke, das wird in Albstadt schon eine andere Atmosphäre.

Sind Sie gewappnet für die Ansprüche und Erwartungen, die an Sie gestellt werden?

Ich werde versuchen, unnötige Dinge zu eliminieren oder einzuschränken. Um manche Sachen wie Interviews kommt man ja nicht herum, aber die macht man ja hin und wieder sowieso. So krass sehe ich das noch gar nicht. Für mich ist es trotzdem halt ein Rennen in Albstadt und gleichzeitig eben ‘ne WM.

Da stoßen wir aber auf ein wichtiges Thema: Die wichtigen Rennen und Ronja Eibl, das ist noch keine Traumkonstellation. Sie hatten 2019 ein einziges Mal Defekt, und das war bei der EM. Sie waren einmal krank, das war bei der WM.

Einmal Defekt, einmal Infekt (grinst). Bei der EM hatte ich bisher immer einen Defekt, und ich habe sonst kaum mal einen Defekt. Aber wenn, dann bei der EM. Bei den Europameisterschaften hatte ich auch noch nie das Feeling, vielleicht liegt das an den Locations.

Ich vermute, Sie sind keine Anhängerin von Verschwörungstheorien.

Kann sein, dass man doch etwas mehr aufgeregt ist. Der Platten in Brünn bei der EM war ganz eindeutig ein Fahrfehler. Ich bin im Training, zehn- bis 15-mal über das Steinfeld gefahren, und es hat nie ein Geräusch gemacht. Und im Rennen knalle ich mit dem Hinterrad komplett gegen so einen Stein. Aber bei der DM habe ich auch mehrere Anläufe gebraucht, bis es dann mal geklappt hat. Vielleicht ist es ja bei der EM auch so.

Sie wollen ab Sommer studieren. Medizin und Leistungssport – das ist eine anspruchsvolle Kombination, gerade im Olympia-Jahr.

Ja, es ist schon viel, aber ich habe das auch schon in der Schule gut strukturiert durchziehen können. Eigentlich kann ich unter Stress-Situationen besser arbeiten, als wenn ich viel zu viel Zeit habe, um etwas zu erledigen. Auch andere Radsportler haben ja auch Medizin oder Zahnmedizin studiert, zum Beispiel Annika Langvad (Ex-Weltmeisterin aus Dänemark).

Das Sommersemester kollidiert aber mit Heim-WM und Olympia...

Ja, aber in Medizin ist es im ersten Semester hauptsächlich Anatomie und Physiologie, hauptsächlich Auswendiglernen, und ich denke, wenn ich öfter mal nicht in den Vorlesungen bin, ist das nicht schlimm. Wir werden sehen.

Das wirkt so, als ob Sie die Olympischen Spiele, deren Bedeutung im Sport ziemlich aufgeblasen wird, gar nicht so hoch hängen?

Nee. Ich seh das genauso: dass nämlich alle einen zu großen Ballon draus machen (lacht).

Und die Heim-WM?

Ich denke, wenn es zu den Rennen kommt, wird schon eine entsprechende Anspannung da sein. Aber im Endeffekt muss man auch denken: Es ist nur ein Rennen wie jedes andere auch. Ob man da nun richtig gut fährt oder nicht – okay das ist erst mal geil, wenn es gut war oder enttäuschend, wenn es nicht so gelaufen ist – ein paar Wochen später ist das sowieso wieder Geschichte. Bis zu den nächsten Olympischen Spielen weiß sowieso niemand mehr, wer da auf vier oder fünf gelandet ist. Deshalb ist es sowieso komplett wurscht. Ich denke nicht, dass ich in Tokio um den Sieg fahren werde, das muss man realistisch sehen. Ich fahre da mit, um viel Erfahrung zu sammeln und meine Leistung abzurufen. Vielleicht ist es eben gut, wenn man nicht von Null auf Hundert kommt. Siehe Jenny Rissveds und Julie Bresset (beide Olympiasiegerinnen litten hinterher an Depressionen beziehungsweise mentaler Erschöpfung – Anmerkung der Redaktion).

Was ist es, was Sie in Ihrem Sport antreibt?

Das Gefühl, Rennen zu fahren, an seine Grenzen zu gehen. Komplett am Arsch zu sein, auf gut Deutsch gesagt. Und dann einfach die Überflutung mit Emotionen, wenn man die Ziellinie überquert. Was mir auch wichtig ist: Mountainbike ist eine Individual-Sportart, trotzdem gibt es ein Team-Feeling. Ich genieße es jedes Mal, ins Trainingslager zu gehen.

Und schließlich: Worauf freuen Sie sich bei der WM in Albstadt am meisten?

Am meisten freue ich mich darauf, viel Unterstützung von Familie und Freunden zu bekommen, und natürlich darüber, dass endlich mal wieder eine WM in Deutschland ausgetragen wird, bei der wir uns hoffentlich allesamt gut präsentieren werden.  

Die Fragen stellte Erhard Goller.