So könnte ein Radschnellweg aussehen – hier eine Fotomontage eines Projekts an der Ruhr. Foto: Montage: RVR Machbarkeitsstudie Radschnellweg Ruhr

Die Förderung des Radverkehrs darf in keiner Sonntagsrede zur Verkehrspolitik fehlen – gerade in Stuttgart. Doch als das Land Förderprojekte für Radschnellwege auf den Weg brachte, stellte die Stadt keinen Antrag.

Stuttgart - Die Fahrradvorzeigestädte Freiburg und Tübingen sind dabei, die Kurpfalz und alle fünf Kreise der Region Stuttgart. Nur die Stadt Stuttgart hat keinen Antrag gestellt beim Landesverkehrsministerium, um sich eine Machbarkeitsstudie für Radschnellwege bezuschussen zu lassen. Das sorgt nicht nur im Ministerium für Überraschung. „Das heißt nicht, dass wir kein Interesse haben“, sagt dagegen Stephan Oehler vom Stadtplanungsamt, „ganz im Gegenteil.“ Die Stadt wolle sich aber zunächst auf den Ausbau des Hauptradroutennetzes konzentrieren.

Für das Landesverkehrsministerium war die Ausschreibung offenbar ein großer Erfolg. „Landesweit besteht ein großes Interesse“, jubelte Verkehrsminister Winfried Hermann. 13 Kreise und Regionalverbände bekommen Geld vom Land für Machbarkeitsstudien für 29 mögliche Radschnellwege. Anders als die normalen Radwege sind diese breiten Verbindungen für viele Radler ausgelegt, auf ihnen soll auch das Kreuzen anderer Verkehrswege schnell gehen.

„Auf wichtigen Pendlerachsen könnte damit ein Teil des Autoverkehrs auf das umwelt- und klimafreundliche Fahrrad verlagert und die Situation auf überlasteten Zugverbindungen entschärft werden“, sagt Hermann. Die Machbarkeitsstudien sind Grundlage für die Förderung von Planung und Bau der Radschnellwege, für die das Land in diesem Jahr drei Millionen Euro locker macht. Der Bund stellt 25 Millionen Euro in Aussicht. Die Bedeutung der Radschnellwege wird auch darin deutlich, dass sie im Luftreinhalteplan für die Stadt Stuttgart aufgeführt sind als eine Möglichkeit, den Anteil des Autoverkehrs zu verringern.

Stadt hat Interesse, stellt aber keinen Antrag

Im Gegensatz dazu steht das Verhalten der Stadt Stuttgart. Das sei allerdings nur auf den ersten Blick so, betont Stephan Oehler vom Stadtplanungsamt. Er bestätigt, dass die Stadt keinen Antrag im Ministerium für eine finanzielle Förderung einer Machbarkeitsstudie gestellt habe. Oehler stellt aber in Aussicht, dass eine Machbarkeitsstudie für Radschnellwege in Stuttgart ebenfalls gemacht werde, wichtiger sei aber, dass Verbindungen, die von den umliegenden Kreisen in die Stadt führten, in Stuttgart aufgenommen würden. Deshalb sei man mit den umliegenden Kreisen auch im Gespräch. „Wir sind in deren Planungen eingebunden“, betont Oehler. Deren Überlegungen müssten mit den in Stuttgart geplanten Radwegführungen in Deckung gebracht würden. „Doch wir als Stadt sind da voll mit dabei“, meint Oehler. Zwar hat Frank Zühlke vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub durchaus Verständnis dafür, dass die Stadt ihre eigenen Planungen vorantreibt – zumal er ohnehin einen großen Nachholbedarf attestiert. Doch er findet es „unlogisch“, dass die Stadt keinen Antrag auf die Förderung einer Machbarkeitsstudie für Stuttgart gestellt hat.

„Auch die Stadt müsste prüfen, ob solch breite Verbindungen im engen Stadtraum realisierbar sind“, sagt er. Es wäre sinnvoll gewesen, wenn sich die Stadt beim Land beworben hätte. Das gelte vor allem mit Blick darauf, dass von den umliegenden Kreisen und Städten für Radfahr-Pendler Anschlüsse ans Stuttgarter Netz geschaffen werden müssten. „Wer von Böblingen kommt, landet in einer Tempo-30-Zone“, sagt er, „von Esslingen kommend ist die Lage am Neckar und an der Bahnstrecke noch komplizierter.“ Wichtig sei auch, dass es eine Anbindung aus Richtung Ludwigsburg gebe. „Da könnte man etwas entlang der B10/B27 machen“, sagt Zühlke. Diese Fragestellungen hätte in einer vom Land mitfinanzierten Machbarkeitsstudie bearbeitet werden können, meint der Experte: „Es wäre sinnvoll, wenn sich die Stadt daran beteiligen würde.“ Wenn die Stadt einlenkt, ist nach Ansicht des Ministeriums der Zug mit der Förderung noch nicht abgefahren. Es könnten unter Umständen noch weitere Machbarkeitsstudien finanziell unterstützt werden, heißt es. Wichtig sei aber, dass es um potenziell wichtige Verbindungen handle, bei denen viel Radverkehr zu erwarten sei. Zumindest damit kann Stuttgart wohl dienen.