Auf dem historischen Kiehlmeyer-Haus in Esslingen hat der Eigentümer zur Probe Solarzellen angebracht. Der Denkmalschutz hatte das abgelehnt. Foto: Roberto Bulgrin

Die grün-schwarze Regierung handelt das neue Klimaschutzgesetz als Großprojekt. Doch manche sehen darin auch eine Gefahr – zum Beispiel für den Denkmalschutz.

Barbara Saebel, die Denkmalschutzexpertin der Grünen, sorgt sich um den Denkmalschutz. Im Zusammenhang mit dem Klimaschutzgesetz soll auch das Denkmalschutzgesetz geändert werden. Die Änderung sieht einen Vorrang für Klimaschutzmaßnahmen vor. Saebel befürchtet, der Denkmalschutz könnte ausgehebelt werden. Grundsätzlich will die Landesregierung PV-Anlagen auf Dächern von denkmalgeschützten Gebäuden ermöglichen. Wenn das mit Fingerspitzengefühl geschehe, gebe es keine Einwände, sagte Saebel unserer Zeitung.

Sie will aber sicher gehen, dass der Erhalt der Denkmäler im Vordergrund steht. „Eine Gesetzesänderung unter der Leitidee Klimaschutz darf nicht zur Vernichtung unserer historischen Baukultur beitragen. Denn Denkmale sind durch ihre lange Lebensdauer, Reparierbarkeit und weitgehend natürliche, regionale Baustoffe deutlich nachhaltiger als viele Neubauten“, meint Saebel.

Neue Leitlinien zu Solaranlagen auf Kulturdenkmälern schreiben vor, dass vor der Installation eine denkmalrechtliche Genehmigung vorliegen muss. Aber: „Nur bei einer erheblichen Beeinträchtigung eines Kulturdenkmals (...) kommt eine abweichende Entscheidung in Betracht“, heißt es in der Handreichung des Ministeriums für Landesentwicklung und Wohnen (MLW) an die Denkmalschutzbehörden.

Razavi: Erhalt von Denkmäler ist Klimaschutz

Bauministerin Nicole Razavi (CDU), die den Denkmalschutz verantwortet, sagte auf Anfrage: „Viele Besitzer denkmalgeschützter Gebäude, insbesondere auch die Kirchen, wollen einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Diesem Wunsch tragen wir mit den neuen Leitlinien Rechnung.“ Um die ehrgeizigen Ziele der Landesregierung beim Klimaschutz zu erreichen, „sollen und müssen wir alle Potenziale nutzen“, betont sie und führt neue Entwicklungen bei PV-Anlagen an – etwa Solardachziegel und Dünnschicht-Techniken, die für Denkmale bessere Lösungen bieten könnten.

Noch steht das nicht verbindlich im Gesetz, aber aus dem Umweltministerium wie aus dem Bauministerium kommen Signale, dass man sich nach früheren Irritationen im Ablauf demnächst einigen werde.

Bessere Beratung der Denkmalbesitzer verlangt

Saebel fordert weitere Verbesserungen im Denkmalschutz. Aktuell stehen im Fördertopf des Landes für den Erhalt von Denkmälern 13,5 Millionen Euro bereit, sagt sie, für private Eigentümer bleibe etwa ein Drittel übrig. Saebel fordert allein schon wegen der Baukostensteigerungen eine deutliche Erhöhung der Mittel.

Sie wünscht auch eine personelle Verstärkung bei den Gebietsreferenten. Derzeit betreue ein Gebietsreferent im Denkmalschutz in Baden-Württemberg rund 3000 Objekte. Ein Sprecher Razavis warnt jedoch angesichts der Haushaltslage vor zu großen Erwartungen.

In Baden-Württemberg gibt es mehr als 90 000 Bau- und Kunstdenkmäler, das sind etwa drei Prozent aller Gebäude im Land.