Ein 35-Jähriger muss sich vor dem Landgericht Stuttgart wegen vorsätzlicher Körperverletzung und versuchter Anstiftung zum Mord verantworten. Foto: dpa

Wie konnte ein 35 Jahre alter Stuttgarter einem städtischen Vollzugsbediensteten einen Teil der Ohrmuschel abbeißen, als dieser eine Schlägerei schlichten wollte? Die Tat beschäftigt die 9. Schwurgerichtskammer am Stuttgarter Landgericht. Ein Opfer ist bis heute dienstunfähig.

Stuttgart - ie konnte ein 35 Jahre alter Stuttgarter einem städtischen Vollzugsbediensteten einen Teil der Ohrmuschel abbeißen, als dieser eine Schlägerei schlichten wollte? Und hat der Beißer in dem Gerangel seinen nebenstehenden Cousin tatsächlich aufgefordert, den Beamten und dessen Kollegen mit einem Messer umzubringen? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt der Hauptverhandlung vor der 9. Schwurgerichtskammer am Stuttgarter Landgericht, wo der 35-Jährige wegen vorsätzlicher Körperverletzung und versuchter Anstiftung zum Mord angeklagt ist.

Opfer schildern die Tat

Am ersten Verhandlungstag ging es neben der Schilderung des Lebenslaufs des Angeklagten um die Rekonstruktion der Vorgänge vom 14. Februar 2016. Als Zeugen vorgeladen waren die beiden Mitarbeiter der Polizei. Jeder schilderte seine Erinnerung an ihren Einsatz an jedem Freitagnachmittag, als sie in der Innenstadt am Josef-Hirn-Platz im Dienst, aber in der Situation zufällig vor einer Spielhalle auf eine lautstarke Auseinandersetzung aufmerksam wurden.

Die Vollzugsbediensteten sahen einen Mann mit blutender Nase und eilten hinzu. Der Angeklagte forderte den Verletzten auf, die Wunde als Folge eines Unfalls darzustellen. „Du brichst mir die Nase, und ich soll für dich lügen?“, soll der Mann laut Auskunft der Beamten entgegnet haben. Als der 35-Jährige einen Schritt auf den Verletzten zumachte, stellte sich einer der Polizeiangestellten dazwischen und hielt den Angeklagten am Arm fest. Dies und weitere Versuche der Beschwichtigung nutzten nichts, der Aggressor ließ sich nicht zur Ruhe bringen.

Beim 35-Jährigen wurde ein Küchenmesser gefunden

„Ich habe dann irgendwann seine Lippen an meiner rechten Backe gespürt“, schilderte der Polizist, der im nächsten Moment von starken Schmerzen am Ohr gepeinigt war. Von einer „großen Blutfontäne“ und einem „herunterhängenden Ohr“ sprach ein weiterer Zeuge aus Polizeikreisen. Zum körperlichen Schmerz gesellte sich für die zwei Einsatzkräfte noch eine ganz andere Gefahr. Als der Angeklagte von den Sicherheitsleuten unter Kontrolle gebracht war, soll dieser seinem Verwandten zugerufen haben: „Nimm mein Messer und stech’ sie ab!“ Es kam zwar nicht dazu, doch später wurde in der Tasche des 35-Jährigen, der schon zwei Haftstrafen abgesessen hat, tatsächlich ein acht Zentimeter langes Küchenmesser gefunden. Zuvor soll er mehrmals „Ich bring’ euch um“ gerufen haben. „Wir haben das als lebensbedrohliche Situation empfunden“, sagten beide Vollzugsbedienstete.

Einer von ihnen zog sich eine Gehirnerschütterung und Prellungen aus dem Kampf zu, ist bis heute dienstunfähig und in psychologischer Behandlung. Der andere, dessen Ohr wieder angenäht werden konnte, trat nach dreitägigem Krankenhausaufenthalt und fünfwöchiger Pause seinen Dienst wieder an.

Der Angeklagte, der zur Sache keine Aussage machen wollte, sprach gegenüber den Polizisten eine Entschuldigung aus. Die Verhandlung wird am Mittwoch dieser Woche fortgesetzt.