Bei einem Prozess wegen Ladendiebstahl in zwölf Fällen in Lahr gestaltete sich die Kommunikation mit dem Beschuldigten sehr schwierig.
Fast 400 000 Ladendiebstähle wurden im vergangenen Jahr in Deutschland polizeilich erfasst, allerdings wird eine riesige Dunkelziffer geschätzt. Zahlreiche Händler ersparen es sich, eine Anzeige zu erstatten, da viele Verfahren von den Staatsanwaltschaften aus Effizienzgründen eingestellt werden.
Notorische Ladendiebe landen freilich doch vor Gericht, wie aktuell in Lahr zu sehen ist. Dort wird gegen einen Angeklagten wegen Ladendiebstahl in zwölf Fällen verhandelt. Das Verfahren zeigt, dass ein Angeklagter im Gefängnis landen kann, wenn er sich im Verfahren komplett respektlos verhält.
Er ist ein alter Bekannter vor Gericht
Angeklagt war ein 35-Jähriger aus Lahr, für den es nicht erste Auftritt vor dem Amtsgericht war. Man habe schon mehrfach versucht, mit ihm ins Gespräch zu kommen, sagt der Richter: „Mal sind Sie nicht erschienen, mal haben Sie nicht zugehört“. Während die Anklageschrift verlesen wird, muss der Richter ihn mehrmals auffordern, seine Augen zu öffnen.
„Wir wissen, dass das lange dauert“, sagt der Staatsanwalt, und in der Tat: Es zieht sich, bis alle Fälle der Anklageschrift verlesen sind. Den Anfang macht ein Diebstahl im Kaufhaus Müller in Lahr im Jahr 2023, bei dem der Angeklagte vier Parfüms entwendet haben soll. Außerdem soll er einen Bürostuhl auf einen Polizisten geworfen haben, der den Fall vor Ort aufnahm.
In Lahrer Supermärkten und Modegeschäften soll er sich mehrfach bedient haben
Während dieser Teil der Anklageschrift verlesen wird, zeigt der Angeklagte noch ein hohes Mitteilungsbedürfnis, wedelt mit dem Finger und macht verbal auf sich aufmerksam. Danach lässt seine Konzentration nach. Die übrigen elf Delikte werden verlesen – Ladendiebstähle bei Supermärkten, Drogerien und Bekleidungsgeschäften in Lahr. Mal sind es einige Flaschen Whisky, mal palettenweise Energydrinks im Wert von 105 Euro. Einen Bohrschrauber soll er ebenfalls gestohlen haben, außerdem Partylichter, Unterhosen und zwei Hüte.
Die Sachverständige mahnt
Wie viel der Mann von dieser Verlesung mitbekommt, lässt sich nur vermuten. Der Richter hat ihn zu dem Zeitpunkt bereits mehrmals ermahnt, wach zu bleiben – dennoch hört man im Verhandlungssaal wiederholt Schnarchen. Eigentlich ist für den weiteren Verlauf der Sitzung geplant, „sich mal miteinander zu unterhalten“, wie der Richter es formuliert – aber dazu kommt es nicht. „Sie müssen hier nichts sagen, weder zu Ihrer Person noch zu den Tatvorwürfen“, klärt er den 35-Jährigen auf und fragt direkt bei ihm nach, was er denn gerade gesagt habe – keine Antwort.
Die Sachverständige äußert sich: „Ich habe den Eindruck, dass er dem Ganzen gar nicht richtig folgen kann“. Auf die Frage des Richters, woran das denn liegen könnte, immerhin habe man am Morgen einen Alkoholtest beim Angeklagten gemacht, der negativ ausgefallen sei, erwidert sie: „ Das kann ich nicht sagen. Aber er kann keine zehn Sekunden wach bleiben. Wenn er seine Rechte nicht verstanden hat und sie nicht wiederholen kann, sehe ich das hier sehr schwierig.“
Der Angeklagte beteuert, er sei sehr wohl aufnahmefähig, kann allerdings auch weiterhin auf keine der Verständnisfragen eine Antwort liefern. Nach einer kurzen Besprechungspause ist das Gericht sich einig: „Wir haben einen Hauptverhandlungshaftbefehl, der ist gültig. Und ich vermute, Sie werden die Zeit bis zum nächsten Termin dann in der JVA verbringen“, teilt der Richter dem Angeklagten mit. Der Saal leert sich daraufhin, denn der Haftbefehl wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit vollstreckt.
So geht es weiter
Neun Tage wird der Angeklagte jetzt voraussichtlich in Haft verbringen, der nächste Verhandlungstag ist für Donnerstag, 16. Oktober, um 14.30 Uhr angesetzt. Die Zeugen, die bereits für den Termin am Mittwoch geladen waren, sollen dann angehört werden.