Ein Taxifahrer (35) zog an einem DHL-Sattelzug vorbei. Warum er fast seinen Führerschein verloren hat und welche Rolle ein Polizist spielt.
Das kennt Amtsgerichtsdirektorin Jennifer Dallas-Buob (wohnt nicht in Horb) auch: Du fährst zur Arbeit, plötzlich musst du voll in die Eisen – gefährliches Überholen.
Diese Erinnerung kam bei der Richterin wieder hoch, als ein Taxifahrer (35) wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs auf der Anklagebank sitzt. Er hatte gegen den Strafbefehl Einspruch erhoben – weil ihm der Führerschein-Entzug droht.
Es passierte am 26. Juni letzten Jahres zwischen der Zufahrt zum Industriegebiet Heiligenfeld und der Geradeausstrecke Richtung Talheim. Ein Polizist (51) aus Horb hatte morgens gerade Feierabend. Er erzählt: „Hinter der Abbiegung Richtung Freudenstadt war ich in der langgezogenen Rechtskurve. Plötzlich sah ich, wie ein weißes Fahrzeug einen Post-Lkw überholt. Oh weh, das wird eng. Ich musste fast bis zum Stillstand abbremsen.“
Der Zeuge: Ein Polizist im Feierabend
Normalerweise, so der Beamte, ist bei ihm Dienst Dienst und Schnaps Schnaps. Konkret: „Wenn mir privat was auffällt, rufe ich normalerweise nicht die Kollegen. Dann hätte ich gar keine Freizeit. Aber das war mir zu heavy.“
Der Taxifahrer: „Ich fuhr aus Richtung Talheim. Der Post-Lkw ist plötzlich aus der Ausfahrt rausgekommen. Ich musste ausweichen, um einen Zusammenstoß zu vermeiden.“
Warum erzählte der Taxifahrer nichts vom Post-Lkw?
Richterin Dallas-Buob: „Bei der Polizei haben sie nichts von einem Post-Lkw gesagt.“
Der Verteidiger Andreas Willner: „Mein Mandant spricht schlecht deutsch. Er hatte gedacht, bei der Vernehmung ging es um einen Unfall mit dem Post-Lkw.“
Dann kommt der Post-Lkw-Fahrer (63) dran. Er sagt: „Ich war auf der Tour von Eutingen nach Freudenstadt. Sowas kommt jeden Tag vor. Man ist froh, dass nichts passiert.“
Verteidiger Willner: „Eutingen-Heiligenfeld-Freudenstadt. Das ist genau die falsche Richtung. Das ist der falsche Lkw-Fahrer.“
Der Taxifahrer – schon ein Verkehrssünder
Richterin Dallas-Buob: „Die Ermittler haben drei mögliche Lkw-Fahrer bei der Post ermittelt. Der Zeuge war der einzige, der sich überhaupt an etwas erinnern konnte.“
Dann überlegt sie laut: „Wir können nicht feststellen, ob der Sattelzug blindlings auf die Hauptstraße eingebogen ist.“ Liest dann die Vorstrafen des Taxifahrers vor: Er verlor wegen Unfallflucht seinen Führerschein, fuhr trotzdem. Kassierte zwei 100 Euro-Knöllchen wegen Handy am Steuer und wegen zu wenig Abstand.
Auch Richterin leidet unter gewagten Überhol-Manövern
Während der Staatsanwalt noch klärt, ob das Verfahren eingestellt werden kann, plaudert die Richterin mit dem Polizisten: „Sowas ist mir in Höhe Seewald auch schon passiert.“ Der Polizist: „Das wissen wir. Da stehen die Kollegen inzwischen öfter.“
Dann stellt sie das Verfahren ein – gegen eine Geldbuße von 500 Euro an die Verkehrswacht Freudenstadt. Richterin Dallas-Buob: „Der Verlust des Führerscheins ist vom Tisch. Die brenzlige Situation durch das Überholen gab es schon. Es gibt die Pflicht zum defensiven Fahren – das sollten sie sich merken.“
Glück für den Taxifahrer: Er hat drei Kinder zu ernähren, steht kurz vor der Festanstellung. Bisher kutschierte er die Fahrgäste nur im Rahmen eines Mini-Jobs.