An dem Prozesstag drehte sich alles um das Sehvermögen des Angeklagten. Foto: Riesterer

Prozess zu Unfall in Schramberg geht mit Gutachten weiter. Auch Meterologin sagt aus.

Schramberg/Rottweil - Buchstäblich im Nebel stochern mussten die Beteiligten an der Schwurgerichtskammer des Landgerichts. Diesmal ging es um die exakte Witterung an der Steige zur nachtschlafenden Tatzeit im März 2018 und das Sehvermögen des Angeklagten.

Licht ins Dunkel bringen sollten die Sachverständigen Christoph Binder von der Augenklinik Schramberg sowie Meterologin Sandra Bartsch vom Deutschen Wetterdienst in Freiburg. Bei dem Fall wurde ein Mann von einem Auto über 300 Meter mitgeschleift. Die entscheidende Frage dabei: Hatte der Fahrer das bemerkt oder nicht? Dem Angeklagten wird fahrlässige Körperverletzung sowie versuchter Mord (durch Unterlassen) in Tateinheit mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort vorgeworfen.

Schlagartige Verschlechterung der Sehschärfe?

Der Angeklagte habe im Jahr 2001 seine Kurzsichtigkeit per Laser-OP beheben lassen, informierte Binder das Gericht in seinem Vortrag. Nach der OP habe es keine Instabilitäten gegeben. Die Tagessehschärfe sei etwas reduziert, aber ausreichend, beispielsweise für den Erwerb eines Führerscheins. In der Dämmerung habe der Angeklagte hingegen eine eindeutige Einschränkung beim Kontrastsehen.

Die Staatsanwältin hakte nach: Ob der Fahrer das Unfallopfer habe erkennen können, wollte sie wissen. Ja, das sei erkennbar gewesen, sagte Binder. Mit der Sehstärke des Angeklagten habe man sehen müssen, dass an der Unfallstelle etwas sei, zumal das Unfallopfer auffällige weiße Schuhe getragen habe. Eine schlagartige Verschlechterung der Sehschärfe, wie sie der Angeklagte in den Monaten vor dem Unfall bei sich bemerkt haben wolle, gehe rein anatomisch nicht, das sei vielmehr ein fortlaufender Prozess.

Anschließend war Sandra Bartsch vom Deutschen Wetterdienst als Sachverständige an der Reihe. Hierbei ging es um eine möglichst exakte Beschreibung der Witterung zur Tatzeit – also vor allem die Frage, ob starker Nebel die Sicht beeinträchtigt hat.

Wie war die Sichtweite zur Tatzeit?

Am Tag zuvor, so Bartsch, habe es nachmittags Niederschlag gegeben, woraus sich im Tal Nebel – oder mindestens Dunst, wie die Expertin sagte – bilden konnte. Zur Tatzeit habe es Schleierwolken gegeben, die Temperatur habe bei minus ein bis zwei Grad gelegen.

Richter Karlheinz Münzer fragte nach, ob kurzzeitige, starke Nebelschwaden möglich gewesen seien, die die Sicht stark beeinträchtigt hätten. Das sei prinzipiell durchaus denkbar, sagte Sandra Bartsch. Allerdings seien solche starken Nebelschwaden äußerst flüchtig und könnten sich binnen kürzester Zeit bilden und auflösen. Daher sei es im Nachhinein unmöglich festzustellen, ob sich just zum betreffenden Zeitpunkt an eben jener Stelle an der Steige starker Nebel gebildet habe.

Dass die Sichtweite 80 bis 100 Meter betragen habe, wie es Zeugen formuliert hatten, hielt die Meterologin für durchaus denkbar. Dass es hingegen lediglich sechs Meter gewesen seien, wie ebenfalls diskutiert wurde, sei hingegen äußerst unwahrscheinlich. Solch starker Nebel bilde sich zumeist nun an Silvester nach den Feuerwerken.

Fortgesetzt wird die Verhandlung am Dienstag, 3. November, um 15.30 Uhr.