Im Amtsgericht in Oberndorf wurde der Nachbarschaftsstreit verhandelt Foto: Roth

Weil ein Nachbarschaftsstreit in einer gefährlichen Körperverletzung endete, stand ein 52-Jähriger vor dem Oberndorfer Amtsgericht. Das Verfahren wurde gegen eine Geldauflage eingestellt – die Tatumstände konnten nicht zweifelsfrei ermittelt werden. Der Fall ist gespickt von Kuriositäten.

Oberndorf - Den Feiertag bei schönem Wetter auf der heimischen Terrasse genießen: Diesen Wunsch hegte ein Bewohner eines Mehrfamilienhauses in der Brandeckerstraße in Oberdorf an Fronleichnam dieses Jahres. Einen Strich durch die Rechnung hat ihm aber ausgerechnet sein 52-Jähriger Nachbar, der mit Familie und Freunden ein Grillfest feierte, gemacht. Aus einem verbalen Streit ergaben sich rasch Handgreiflichkeiten, ja sogar eine Grillplatte flog auf des Nachbars Grundstück und soll den Geschädigten am Arm getroffen haben. Nun stand der Beschuldigte vor dem Amtsgericht Oberndorf, angeklagt wegen gefährlicher Körperverletzung.

Verbrennungen am linken Arm

Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Neben verbalen Ausfälligkeiten soll der 52-Jährige den noch heißen Grillrost von seiner Dachterrasse auf das sich darunter befindende Grundstück des Nachbarn geworfen und diesem dabei am linken Arm eine Brandwunde zugefügt haben. Anschließend habe der Geschädigte provozierende Gesten in Richtung des Angeklagten getätigt, worauf sich dieser einließ und dem Opfer eine Ohrfeige am Gartenzaun verpasste. Das habe weitere Verletzungen im Gesicht – konkret am linken Nasenflügel – zur Folge gehabt.

Videoaufnahmen als Auslöser?

Letztlich eskalierte die Situation gegen 15.30 Uhr derart, dass die Polizei gerufen wurde, die die beiden Streithähne in ihre jeweiligen Wohnungen schickte. Der Angeklagte will das so nicht stehen lassen: Der Lärm habe sich in Grenzen gehalten – der Nachbar sei überempfindlich. Er gibt aber zu, dass Musik gelaufen ist und auch die Kinder der Familien mit einem Ball spielten. Weiter zeigte sich der Angeklagte in Teilen geständig: Den Grillrost habe er zwar geworfen, aber nur, weil der Geschädigte ihn dazu provozierte. Mehrere Videoaufnahmen mit dem Handy vom Grundstück des Angeklagten soll das Opfer im Laufe des Tages gemacht haben. Dessen 14-jähriger Sohn soll mit seinem Handy aus dem Haus weitere Aufnahmen gefertigt haben. Das gehöre sich nun mal nicht, wenn man Gäste hat, erklärte der 52-Jährige hinsichtlich seiner Privatsphäre. Am Arm getroffen habe er seinen Nachbarn ohnehin nicht. Das sei frei erfunden.

Angeklagter verteidigt sich

Weiter bestreitet er, dass die Verbrennungen überhaupt vom Grillrost stammen. Denn: "Wir haben morgens gegen 11.30 Uhr Brot gebacken und Spanferkel gegrillt. Danach habe ich den Grill ausgeschaltet", verteidigt sich der Beschuldigte. So könne die Schale gegen 15 Uhr gar nicht mehr heiß gewesen sein.

Das wiederum will das Opfer, der auch als Zeuge geladen war, nicht gelten lassen. "Die Sonne hat den schwarzen Grillrost erhitzt." Es stimme darüber hinaus nicht, dass er gefilmt habe, bevor Teile des Grills flogen. Erst dann sei das Handy gezückt worden – zur Selbstverteidigung und Beweisaufnahme. Ganz unschuldig sei er dennoch nicht. "Ich habe mich gewehrt und meinem Nachbar die Ohrfeige zurückgegeben", gesteht das Opfer.

Alkohol im Spiel?

Warum der Angeklagte sich zum Wurf der Grillschale hinreißen ließ, könne er nicht verstehen. Er habe versucht, mit freundlichen Worten die Gesellschaft auf deren zu lautes Verhalten aufmerksam zu machen. Ob da vielleicht Alkohol im Spiel war? Die Polizeibeamten, die vor Ort im Einsatz waren, verneinen dies. Der Alkoholtest beim Angeklagten lasse keine Rückschlüsse auf das enthemmte Verhalten zu.

Verfahren eingestellt

Beide Parteien beharrten vor Gericht auf ihren Positionen, und so konnten weder Richterin noch Staatsanwältin entscheiden, welche Version denn nun richtig ist. Die Folge: Das Verfahren wurde nach Rücksprache mit dem Verteidiger des Angeklagten eingestellt. Der hatte darauf ohnehin plädiert. Alle Beteiligten hätten ihren Teil dazu beigetragen, dass die Situation eskalierte. Der Beschuldigte muss trotzdem eine Geldstrafe in Höhe von 150 Euro an die Bürgerstiftung Oberndorf – eine gemeinnützige Einrichtung – leisten. Die Familie des Opfers kündigt an, zivilrechtlich weiter gegen den 52-Jährigen vorgehen zu wollen.

Verhältnis weiter angespannt

Das Verhältnis der beiden Nachbarn war schon längere Zeit angespannt. Der Auslöser war der Bau der Dachterrasse des Angeklagten. Der Lärm an Fronleichnam hat das Fass nun vollends zum Überlaufen gebracht. Seit dem Vorfall sei kein Wort mehr zwischen den Nachbarn in der Brandeckerstraße gefallen. Eine Aussprache steht weiter aus. "Für eine nachhaltige Verbesserung muss einer von uns ausziehen", kündigt das Opfer bereits an.