Eine Auseinandersetzung zwischen Autofahrer und Motorradfahrer auf der Autobahn landete vor dem Amtsgericht Horb. (Symbolfoto). Foto: digitalstock – adobe.stock.com

Nötigung wurde einem Mercedes-Fahrer am Amtsgericht Horb vorgeworfen. Doch im Laufe des Prozesses stellte sich heraus, dass manchmal lediglich gegenseitige Missverständnisse den Grund für Konflikte bilden.

Horb - Manche Probleme ließen sich doch viel einfacher aus der Welt schaffen, wenn man die Zeit oder Möglichkeit hätte, darüber zu reden. Das jedenfalls schien die Moral des Prozesses gewesen zu sein, der am Dienstag, 24. Januar, unter Vorsitz von Richter Albrecht Trick im Horber Amtsgericht, verhandelt wurde.

Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, vertreten durch Staatsanwältin Alexandra Schaumann: Nötigung, also die rechtswidrige, mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel erzwungene Handlung, Duldung oder Unterlassung – wie es im 240. Paragrafen des Strafgesetzbuches so schön heißt – im Straßenverkehr.

Es geschah auf der A 81

Juristendeutsch beiseite, was bedeutet das im Klartext? Der 54-jährige Angeklagte fuhr der Staatsanwaltschaft zufolge am 26. Mai vorigen Jahres gegen 10 Uhr auf der A 81 mit seinem Mercedes in Richtung Singen auf der linken Spur. Der Geschädigte fuhr zur selben Zeit mit dem Motorrad in ebendiese Richtung. Da sich auf der linken Spur etwas staute, setzte der Geschädigte und Zeuge, der mit seiner Frau auf dem Motorrad Richtung Bodensee unterwegs war, dazu an, auf der rechten Spur zu überholen.

Der Staatsanwaltschaft zufolge soll der Angeklagte plötzlich nach rechts gefahren sein, um den Motorradfahrer am Überholen zu hindern, wobei der Motorradfahrer gezwungen war zu bremsen. Etwas später ist der 54-jährige der Anklage zufolge nach links gefahren, als der Motorradfahrer erneut versuchte zu überholen. Trotz Hupens und Rufen des Motorradfahrers sei der Mercedes näher gekommen und drohte, ihn auf die Leitplanke abzudrängen.

Erneut war der Geschädigte gezwungen zu bremsen. Der Angeklagte hätte durch sein Handeln versucht, den Motorradfahrer, in dessen Begleitung sich zwei weitere Krafträder mit je zwei Personen befanden, für seine Fahrweise zu bestrafen. Soweit zumindest der Vorwurf.

Sieben Zeuginnen und Zeugen waren vorgeladen

Es drohte ein längerer Prozess zu werden: sieben Zeugen, die Frau des Angeklagten, die sich zum Zeitpunkt mit ihm im Mercedes befand, der Geschädigte, die beiden anderen Motorradfahrer sowie deren jeweiligen Ehefrauen, die ebenfalls auf den Motorrädern unterwegs waren, waren geladen.

Die Sicht des 54-jährigen Beschuldigten, der vor Gericht sichtlich aufgewühlt wirkte, sah dann jedoch ganz anders aus. Er selbst und seine Ehefrau hätten sich von den Motorrädern genötigt und bedroht gefühlt, zu einem Zeitpunkt sogar in die Zange genommen. Eigentlich sei er an seinem Geburtstag auf dem Weg gewesen, seinen Sohn zu besuchen. Das Ereignis mit den Krafträdern, von denen er zwei, die beiden Begleiter des Geschädigten, erst deutlich später bemerkt hätte, hätte ihm große Angst gemacht.

Da er selbst früher viel Motorrad gefahren sei, würde auch der Vorwurf des Geschädigten, dass er ein Problem mit Motorradfahrern hätte, nicht zu ihm passen. Erst als seine Frau schwanger war, hätte er aufgehört Motorrad zu fahren.

Eine Aneinanerreihung von Missverständnissen

Von Anfang an wirkte der Fall wie eine Aneinanderreihung von Missverständnissen und Mutmaßungen, was auch Amtsrichter Trick schnell auffiel. Noch während der Befragung des geschädigten Motorradfahrers forderte er diesen auf, Annahmen über die Motive des Angeklagten zu unterlassen. Zum Ende der Befragung bat der Angeklagte zudem um Entschuldigung: "Sollte ich etwas getan haben, dass so aufgenommen wurde, dann tut mir das leid." Die Entschuldigung wurde von dem Geschädigten dabei auch angenommen.

Schon zum Ende der Vernehmung des zweiten Zeugen, einer der Motorradfahrer, die den Geschädigten begleitet hatten, fiel der Vorwurf der Nötigung in sich zusammen. Es blieb bei einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit. Der Mercedes-Fahrer hatte wohl den Motorradfahrer zu spät gesehen. "Das kann mal passieren", meinte Richter Trick. Ein Missverständnis führte zum anderen und so sah man sich erst vor Gericht wieder. Hätte man Gelegenheit gehabt, sich zuvor auszusprechen, wäre es vermutlich nie soweit gekommen.

Der Fall wurde letztlich, ohne die übrigen Zeugen zu vernehmen, fallengelassen. Der sichtlich aufatmende Angeklagte muss dementsprechend lediglich für seine Anwaltskosten aufkommen.