Eine Mutter wollte ihre Kinder nicht impfen lassen. Deshalb besorgte sie sich falsche Impfunfähigkeitsbescheinigungen. (Symbolfoto). Foto: Reinhardt/dpa

Ein Kinderarzt, der falsche Impfunfähigkeitsbescheinigungen ausgestellt hat, aufgedeckt von einer ZDF-Doku und eine Mutter, die diese via Post bestellte, ohne die Kinder jemals zur Untersuchung zu schicken: Das war ein Fall für das Horber Amtsgericht.

Horb - Ein Kinderarzt, der Impfunfähigkeitsbescheinigungen ausfüllte, ohne die Kinder jemals gesehen oder untersucht zu haben – Das wurde einer Mutter zum Verhängnis, weshalb sie sich vor dem Horber Amtsgericht wegen Anstiftung zum Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse verantworten musste.

Per Mail eine Impfunfähigkeitsbescheinigung gegen Geld, zehn Euro, eingewickelt in Alufolie. Alles was Eltern dafür machen mussten, war ein Familienanamesebogen, die Gesundheitskarten der Familie, sowie das Geld per Post an den Kinderarzt schicken, um eine Impfunfähigkeitsbescheinigung, beispielsweise gegen Masern, ausgestellt zu bekommen.

Aufgedeckt durch ZDF-Doku

Eine Praktik, die der Kinderarzt aus Steinheim an der Murr (Landkreis Ludwigsburg) öffentlich auf seiner Website bewarb und von dem Recherche-Magazin Frontal 21 des Fernsehsenders ZDF aufgedeckt wurde. Daraufhin wurde gegen den Kinderarzt ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, dessen Ausgang bis dato noch offen ist.

Über 600 dieser Impfunfähigkeitsbescheinigungen soll der Kinderarzt an Mütter und Familien ausgestellt haben – darunter Katja K. (Name geändert), die für ihre fünfköpfige Familie, drei Kinder, ihren Mann und sich selbst solche Bescheinigungen anforderte.

Anfragen aus dem ganzen Bundesgebiet

Laut Aussage des ersten Zeugens, einem im Fall ermittelnden Polizeibeamten, seien bei dem Steinheimer Kinderarzt Anfragen aus dem ganzen Bundesgebiet eingegangen. Wie die aussehen? "Blanko, handschriftlich wurden die Daten des ›Patienten‹ eingegeben und gegen welche Impfung die Bescheinigung vorliegt", so der Zeuge. Ist bekannt, ob jemals eine Untersuchung der Kinder stattgefunden hat? "Nein", so der Polizeibeamte.

Generelle Impfskepsis

Gegen eine Hausdurchsuchung habe sich die Angeklagte Katja K. nicht gewehrt, auch wusste sie ganz genau, wo die Unterlagen im Haus zu finden waren, sagte der zweite Zeuge vor Gericht aus. "Als wir draußen gewartet haben, dass Katja K. uns die Dokumente aushändigt, ging es eben um Impfpflichten, dass das ja alles nicht sein sollte", versuchte der Polizeihauptkommissar die Motivation zu erklären. "Aber das hatte ja noch gar nichts mit Corona zu tun, das war ja schon viel früher." Der erste Fall ereignete sich nämlich bereits im August 2019, im April 2020 wurden dann zwei weitere Bescheinigungen bestellt.

Aus Überzeugung zum Wohle der Kinder

Die Angeklagte selbst erschien vor Gericht ohne Verteidiger – und schwieg vehement. "Ich bin unschuldig, ich habe nichts falsch gemacht", beteuerte sie immer wieder in breitem badischen Dialekt. Sie habe nur aus Überzeugung zum Wohle ihrer Kinder und "zu allen Kindern in Deutschland" gehandelt.

Ein Umstand, den der Richter wohl anders sah. Zugute wurde der Angeklagten gehalten, dass sie die gefälschten Impf-Zeugnisse nirgends vorgelegt habe und sich ehrenamtlich betätigte. "Dennoch kann ich vor dem Fall nicht meine Augen verschließen", so der Richter bei der Urteilsverkündung. Bei dieser brach die Mutter in Tränen aus: "Ich habe nichts falsch gemacht, das ist nicht richtig", beteuerte sie mit erstickter Stimme.

Der Richter sah das anders und verurteilte Katja K. zu einer Geldstrafe von 800 Euro. Der Steinheimer Kinderarzt muss sich separat verantworten.