Vo dem Horber Landgericht fand ein junger Angeklagter für jeden Vorwurf eine Ausrede. Foto: Daniel Schneider/Daniel Schneider

Ein Prozess der besonderen Art hat sich am Horber Amtsgericht abgespielt.

Der Angeklagte, ein 19 Jahre alter Heranwachsender, war wegen mehreren Punkten, die sich allesamt im Sommer und Frühherbst 2022 abgespielt haben sollen, geladen: Er soll eine Lehrerin beleidigt und seine Ex-Freundin über den Kurznachrichtendienst Whatsapp beleidigt und bedroht haben. Weiterhin soll er die damals 16-Jährige in deren Schule von einem Tisch geschubst haben, wodurch diese sich einen schweren Bluterguss zugezogen haben soll. Zudem soll er Wochen nach der Beleidigung der Lehrerin Anzeige gegen diese erstattet und behauptet haben, dass sie ihn beleidigt hätte.

Richter versichert, dass die Todesstrafe abgeschafft ist

Bevor die Verhandlung beginnen konnte, musste der Angeklagte auftauchen. Wie die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe sagte, hätte er ihr gesagt, dass er Angst um sein Leben habe, worauf Amtsrichter Albrecht Trick fragte: „Haben sie ihm gesagt, dass die Todesstrafe abgeschafft ist?“

Nachdem der 19-Jährige erschienen war, er behauptete, er hätte im Obergeschoss nach dem Sitzungssaal gesucht, konnte der Prozess beginnen. Die Anklage laute, so die Staatsanwaltschaft, auf Beleidigung, Bedrohung, Körperverletzung und falsche Verdächtigung. Dass Richter Trick und die Staatsanwaltschaft es bei dem Angeklagten mit einem speziellen Charakter zu tun hatten, war schnell klar.

Im Laufe des Prozesses fand er für alle Vorwürfe schnell Ausreden. Die Beleidigungen und Drohungen, die er seiner Exfreundin auf Whatsapp geschrieben haben soll? Er hat sein Handy bei ihr liegen lassen und sie muss sich die Nachrichten selbst geschrieben haben. Die Körperverletzung, bei der er sie vom Tisch geschubst hatte? Das Mädchen sei auf seinem Schoß gesessen und er sei schnell auf gestanden, als ein Lehrer in den Raum gekommen sei. Dabei sei sie hingefallen. Die Beleidigung der Lehrerin? Sie habe ihn beleidigt. Schuld, das haben immer die anderen.

Seit Jahren antrainiertes Verhalten

Ähnlich lief es bei dem Polizeihauptmeister, der wegen der Beleidigung der Lehrerin als Zeuge geladen war. Der Beamte und sein Kollege hätten ihn geschubst und rassistisch beleidigt. Mehrfach wies Trick den Heranwachsenden darauf hin, dass er, sollten die Anschuldigungen gegen den Beamten falsch sein, sich strafbar mache, was der junge Mann zur Kenntnis nahm. Dennoch beharrte er auf seiner Darstellung.

„Das Verhalten“, meinte die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe, „ist wohl über Jahre hinweg antrainiert“. Der Angeklagte sehe nie die Schuld bei sich. Letztlich blieb es bei 30 Tagen Arrest nach Jugendstrafrecht für den jungen Mann, in der Hoffnung, so Trick, „dass ihm diese Auszeit hilft“.