Exhibitionismus lautet der Vorwurf in einem Prozess im Amtsgericht in Horb. Foto: Begemann

Ein Mann soll sich vor einer Frau entblößt haben. Die erscheint nicht beim Gericht – und muss nun die Kosten für ihr Fehlen tragen – darunter auch zwei Dolmetscherhonorare.

Teuer wird eine Verhandlung gegen einen mutmaßlichen Exhibitionisten in Horb für die geladene Zeugin.

 

Gericht ruft bei Zeugin an

Der 32-Jährige Angeklagte arbeitet als Paketbote. Während einer Auslieferung soll er sich im vergangenen Oktober vor der Zeugin in einer westlichen Kreisgemeinde entblößt haben, nachdem diese ihm den Zutritt zur Wohnung für einen Toilettengang verweigerte. Sein Ziel sei sexuelle Erregung gewesen, wirft ihm die Staatsanwaltschaft dem Mann vor, der schon bereits im vergangenen Juli zu einer Geldstrafe wegen Exhibitionismus verurteilt wurde. Diese Strafe muss er noch fertig abbezahlen.

Während sich die Zeugin beim Vorfall erschrocken habe und daraufhin die Polizei rief, war ihr die Gerichtsaussage wohl weniger wichtig. Auf 10.45 Uhr geladen blieb sie aus. Richter Albert Trick erreichte sie zwar auf dem Handy – sie war aber noch zuhause, etwa 30 Minuten Autofahrt entfernt. Im Gerichtssaal wurde auf sie gewartet und nachgerechnet, wie lange sie wohl braucht und ob sie gesperrte Straßen kenne. Aber das war zuletzt dann doch irrelevant – denn um 11.30 Uhr saß sie immer noch zuhause.

300 Euro Ordnungsgeld werden fällig

An dieser Stelle reichte es Trick. 200 Euro Ordnungsgeld fordert die Staatsanwaltschaft, Trick meint: „Ich mach da 300.“ Der Termin wurde vertagt, die Kosten muss die Zeugin tragen. Die dürften happig werden. Neben den Gerichtskosten wurden auch zwei Dolmetscher – einer für sie – bestellt. Dazu kommt das Ordnungsgeld, ersatzweise ein Tag Ordnungshaft.

Zum Ende hin ging es dann doch noch einmal ein wenig um den Prozess. Rechtsanwalt Michael Doll zweifelt die Aussagekraft der Beweise an: Der Zeugin wurden Lichtbilder vorgelegt. Sein Mandant trägt dort ein Oberteil in der Farbe des entsprechenden Paketdienstes. Das könnte sie unzulässig beeinflusst haben.

Während der Wartezeit wollte Trick übrigens einen Fall wegen des Missbrauchs von Notrufen zwischenschieben, der auf 11.20 Uhr angesetzt war. Der Angeklagte erschien nicht. Gegen ihn wurde nun ein Strafbefehl verhängt.