Vor dem Hechinger Landgericht wurde verhandelt. Foto: Beate Marschal

Ein mutmaßlicher „Leiter“ von Tailfinger Sonntagsspaziergängen erzielt in der Hechinger Berufungsverhandlung gegen ein Urteil des Amtsgerichts Albstadt einen Teilerfolg. Statt 2100 Euro muss er nur noch 1000 zahlen.

Gekonnt feilschen kann sich auszahlen – nicht nur auf dem Markt, sondern auch vor Gericht. Diese Erfahrung hat ein 48-Jähriger Albstädter mit seiner Berufung ein Urteil des Albstädter Amtsgerichts gemacht: Die Kleine Strafkammer des Hechinger Landgerichts wandelte seine Strafe von 30 Tagessätzen à 70 Euro in eine Geldauflage von 1000 Euro um.

Worum es ging? Laut Anklageschrift hatte der Mann am 13. Februar 2022 einen sogenannten „Sonntagsspaziergang“ mit rund 600 Teilnehmern in der Tailfinger Innenstadt angeführt und mit ausgestrecktem Arm die Marschrichtung vorgegeben – was ihm, Zeugen zufolge, „auch gelang“. Der Protest der „Spaziergänger“ hatte unter anderem den Corona-Schutzmaßnahmen gegolten; die Anklage erblickte in dem Menschenauflauf eine nicht angemeldete, mithin auch nicht erlaubte Versammlung.

„Nur zufällig“ vor Ort gewesen

Solche Versammlungen, stellte der Vorsitzende Richter Schwarz fest, habe es in jüngster Zeit öfters gegeben. Aber gab es tatsächlich drei „Leiter“? Und wenn ja, kannten diese einander? Standen sie in Kontakt miteinander? Der 48-Jährige bestreitet es – er will „nur zufällig“ vor Ort gewesen sein. Ließe sich belegen, dass er die Anti-Corona-Demo tatsächlich organisiert habe, dann, so der Richter, stünde eine Freiheitsstrafe von drei Monaten beziehungsweise eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen im Raum.

Bei 1000 trafen sie sich

Aber so weit kam es nicht: Staatsanwalt und Verteidigerin einigten sich darauf, das Verfahren gegen eine Geldauflage einzustellen – strittig war lediglich der Betrag. 1500 Euro konnte sich der Staatsanwalt vorstellen, zahlbar in monatlichen Raten; 600 Euro sah die Verteidigerin als angemessen an. Der Staatsanwalt kam ihr entgegen; er schlug sechs Monatsraten à 200 Euro vor, insgesamt 1200 Euro. Letztes Angebot der Verteidigerin: 1000 Euro, zahlbar in einer einzigen Rate bis zum Monatsende.

Verfahren eingestellt – vorläufig

Worauf der Staatsanwalt einschlug. Die vier Zeugen, die hätten aussagen sollen, konnten, ohne vernommen zu werden, entlassen werden; das Verfahren wurde eingestellt. Vorläufig, wie Richter Schwarz betonte. Der 48-Jährige nahm es mit einem Lächeln zur Kenntnis.