Im Januar vergangen Jahres wurde ein Ladendieb in einem Freudenstädter Supermarkt auf frische Tat ertappt und von mehreren Mitarbeitern gestellt. Doch der Mann zog ein Messer und ergriff die Flucht. Nun musste sich der 39-Jährige vor Gericht verantworten.
Acht Packungen Zigaretten im Wert von 50 Euro. Das war die ganze Beute des 39-Jährigen, der am 18. Januar des vergangenen Jahres einen Supermarkt in Freudenstadt in Aufregung versetzte.
Vermutlich hätte der Täter mit einer milden Strafe rechnen können, wenn er nicht im nächsten Moment eine fatale Entscheidung getroffen hätte. Denn als die Mitarbeiter den Mann auf frische Tat ertappten, wehrte sich der 39-Jährige dagegen, in einen Aufenthaltsraum geführt zu werden, um dort auf die Polizei zu warten.
„Menschenleben geht vor Sachwert“
Bei dem sich entwickelnden Handgemenge packte er eine der Verkäuferinnen am Oberarm. Die Frau zog sich einen blauen Fleck zu. Doch damit nicht genug. Denn im Aufenthaltsraum angekommen, zog der Mann ein Küchenmesser mit einer Klingenlänge von rund fünf Zentimetern. Die Mitarbeiter des Kauflands wichen zurück, der Mann ergriff die Flucht.
„Ich habe meinen Kollegen gesagt, wir lassen ihn gehen“, berichtete eine der Verkäuferinnen nun während der Verhandlung am Amtsgericht Freudenstadt. „Denn Menschenleben geht vor Sachwert.“
Ermittlungen der Polizei zunächst vergeblich
Die Polizei fahndete nach dem Mann und startete einen Zeugenaufruf – zunächst vergeblich. Doch im Zusammenhang mit einem weiteren Diebstahl wurde der Täter schließlich gefasst: Denn am 7. Juli stahl er erneut Zigaretten – diesmal in einem anderen Supermarkt.
Für diese zweite Tat wurde der 39-Jährige bereits verurteilt. Insgesamt 400 Euro Strafe muss er zahlen. Doch seine vorangegangene Tat wiegt deutlich schwerer. Weil er eine Mitarbeiterin verletzte und ein Messer zog, wurde aus dem Ladendiebstahl ein sogenannter besonders schwerer räuberischer Diebstahl in Tateinheit mit Körperverletzung.
Der Verteidiger des Angeklagten räumte die Tat gleich zu Prozessbeginn ein und widersprach auch nicht dem Tatvorwurf. Somit drehte sich die Verhandlung vor allem um die Frage, welches Strafmaß angemessen sei.
Dabei wurde deutlich, dass der Angeklagte schon vor vielen Jahren die Kontrolle über sein Leben verloren hat. Nach seiner Ausbildung rutschte er in die Arbeitslosigkeit und in die Drogensucht, lebte mal in Obdachlosenunterkünften, dann in Entziehungskliniken und später in einer sozialen Einrichtung.
Diesen Abwärtsstrudel bezeichnete der 39-Jährige vor Gericht selbst als „Absturz mit Alkohol und Drogen“. Seit 2011 habe er nicht mehr gearbeitet. Seit 2014 nehme er täglich ein Substitutionsmedikament. So wirkte der Angeklagte dann auch vor Gericht benommen und starrte während der Verhandlung reglos ins Leere. Dass er somit auch während der Tat unter Medikamenteneinfluss stand und dadurch enthemmt wurde, werteten Richterin und Staatsanwältin als mildernden Umstand, ebenso wie die geringe Beute.
Täter wandert für mehr als ein Jahr hinter Gitter
So forderte die Staatsanwältin dann auch nur eine Haftstrafe von einem Jahr, sechs Monaten und zwei Wochen. Doch während der Verteidiger dafür plädierte, die Haftstrafe auf Bewährung auszusetzen und seinen Mandanten in Therapie zu schicken, schloss die Staatsanwältin eine Bewährung aus. Denn schließlich hätten schon frühere Therapien keine Wirkung gezeigt. „Eine Tendenz zur Besserung ist nicht ersichtlich“, so die Staatsanwältin. Und noch ein weiterer Punkt spreche gegen die Bewährung: „Ich habe nicht die Erwartung, dass er keine Straftat mehr begeht.“
Die Richterin folgte der Argumentation der Staatsanwältin. Der 39-Jährige muss daher für ein Jahr, sechs Monate und zwei Wochen hinter Gitter. Bei der Urteilsverkündung zeigte der Mann keinerlei Regung.