Über WhatsApp hatte der Angeklagte das einschlägige Video an seine Mitschüler weitergeleitet. (Symbolfoto) Foto: oatawa/stock.adobe.com

Verfahren wegen Kinderpornografie per Handy und Internet mehren sich derzeit vor dem Amtsgericht Freudenstadt. Die Gründe für die Zunahme sind unklar. Ein Jurist spricht von "Fluch und Segen der modernen Technik".

Freudenstadt - Der Beschuldigte, der diesmal auf der Anklagebank sitzt, ist gerade mal 20 Jahre alt. Er hat ein Kinderporno-Video, das ihm auf sein Handy geschickt wurde, weitergeleitet. Ohne lange darüber nachzudenken, was er da tut. Erst kürzlich gab es einen ganz ähnlichen Fall. Wissen die jungen Leute nicht, was sie tun? Die Strafe fiel auch diesmal eher milde aus: 500 Euro und eine "Verwarnung". Weitere Prozesse wegen Kinderpornografie stehen an.

Auf dem Video, so die Staatsanwaltschaft, sind zwei kleine Jungen bei sexuellen Handlungen zu sehen. Der Angeklagte habe das Video an eine Whatsapp-Gruppe seiner Gewerbeschulklasse weitergeleitet. Zudem habe man auf seinem Handy drei weitere einschlägige Bilddateien entdeckt.

"Ohne groß nachzudenken" Video weitergeleitet

Der Verteidiger reagiert mit einer Erklärung seines Mandanten: Er habe das Video nicht eigens aus dem Netz runtergeladen, es sei ihm ohne sein Zutun auf das Handy geschickt worden. "Ohne groß nachzudenken" habe er es weitergeleitet, habe es "eher lustig" gefunden. Auch habe er nicht gewusst, dass so etwas strafbar ist, es tue ihm leid.

Was die drei Bilddateien auf seinem Handy angeht, er habe von diesen Dateien "keine Ahnung gehabt", er habe sie nicht bewusst heruntergeladen, das müsse automatisch geschehen sein. Anschließend meint der Angeklagte, "Ich bin jetzt über 18 und muss für meine Fehler selber geradestehen." Der junge Mann macht einen durchaus selbstbewussten Eindruck. "Für mich war das ein lustiges Video, kein Porno." Ein Kriminalbeamter, der in dem Fall ermittelte, erklärt, es sei in der Tat nicht eindeutig zu klären, ob die besagten Bilddateien eigens aus dem Netz auf das Handy runtergeladen wurden – oder etwa quasi automatisch über die Cloud auf das Handy des Angeklagten gelangt seien, ohne dass dieser dies bemerkt habe. "Das kann nicht wirklich geklärt werden."

Das Gericht beschließt daraufhin, die Anklage lediglich auf die Weitergabe des Videos zu beschränken. Der Angeklagte lebt in sozial gefestigten Verhältnissen, er hat einen Hauptschulabschluss, eine abgeschlossene Lehre und einen festen Job, bei dem er zwischen 1900 und 2000 Euro im Monat verdient. Er wohnt noch bei den Eltern. Er hat keine Vorstrafen. Die Jugendhelferin meint allerdings, er verfüge "noch nicht über die Reife eines Erwachsenen".

Ihm sei eher nicht klar gewesen, was er mit der Weiterleitung des Videos tue. Das Verhalten sei "jugendtypisch". Daher plädiert sie für die Anwendung des Jugendstrafrechts.

Staatsanwalt spricht von "jugendtypischem"Verhalten"

Ähnlich sieht es auch die Staatsanwaltschaft. Zwar habe der Angeklagte sich klar der Weitergabe von Kinderpornografie schuldig gemacht. Auch gelte er von seinem Alter her als Heranwachsender, müsse daher eigentlich nach dem Erwachsenenrecht beurteilt werden. Aber auch die Staatsanwaltschaft spricht von "jugendtypischen Verhalten, der Angeklagte habe das Video eher "witzig als sexuell erregend gefunden". Daher seien 500 Euro Geldauflage angemessen.

Dagegen versucht der Verteidiger so etwas wie eine Erklärung, eine Einordnung der Straftat. Sein Mandant habe das Video weitergeleitet, "ohne nachzudenken". Doch dies sei kein Einzelfall. Es gehe hier auch ganz allgemein um den laxen Umgang mit fragwürdigem Material im Netz. "Das ist Fluch und Segen der modernen Technik der Medien heutzutage – gerade in Coronazeiten." Für die jungen Leute gelte "Erst handeln und dann im Nachhinein reflektieren". Eine Geldauflage von 500 Euro sei angemessen.

Dem schließt sich auch der Richter Rainer Graf-Frank an, auch er sieht eine "gewisse Reifeverzögerung" des jungen Mannes. Dann mahnt er: "Dieses Video ist nicht lustig, es hat psychische Folgen für die Kinder."

Es folgt die richterliche Verwarnung: "Das war etwas, über das Sie sich mehr Gedanken machen müssen. Das sind keine Kavaliersdelikte... Sie haben Ihre Lektion gelernt, hoffe ich. Bleiben Sie sauber."