Vater und Sohn haben dem Opfer mindestens 20 Faustschläge verpasst – dafür mussten sie sich nun vor dem Amtsgericht Albstadt verantworten. (Archivfoto) Foto: Kistner

Er habe den drängelnden Autofahrer lediglich zur Rede stellen und die Polizei rufen wollen – doch dieser und sein Beifahrer seien ihm mit Faustschlägen zuvor gekommen, berichtete der Geschädigte vor dem Amtsgericht Albstadt.

Albstadt - Schweigend verfolgten die beiden Angeklagten die einstündige Aussage und Befragung des Opfers. Laut eigener Aussage war ein 31-jähriger mit seinem Geländewagen am 4. Juli in Richtung Storzingen zur Autowerkstatt unterwegs, als er im Rückspiegel einen Kombi bemerkte, der immer wieder dicht auffuhr und ihn so zum schnelleren Fahren drängte. Nach einer Weile überholte dieser, scherte aber so knapp vor ihm ein, dass der 31-Jährige heftig auf die Bremse treten musste.

Bild mit Handykamera

Auch danach hatte das Auffahr-Spiel kein Ende: Irgendwann riss ihm der Geduldsfaden und er schoss mit seiner Handykamera ein Bild des Kombi; daraufhin drehte sich dessen Beifahrer um und machte seinerseits ein Foto des Geländewagenfahrers. Ein gestreckter Mittelfinger war die Folge. Schließlich blieb der Kombi so abrupt vor dem Geländewagen stehen, dass der 31-jährige "gerade so" ausweichen und um ihn herum fahren konnte; auf der anderen Straßenseite kam er zum Stehen, stieg aus und befahl dem Kombi-Fahrer, mit dem Auto dort stehen zu bleiben, bis die Polizei eintrifft.

20 bis 28 Schläge

Der Beifahrer im Kombi, der sich vor Gericht als der 21-jährige Sohn des Fahrers erwies, stieg ebenfalls aus dem Wagen aus und verpasste dem Opfer nach eigener Aussage acht Faustschläge; von seinem Vater folgten weitere Schläge. "Es waren insgesamt bestimmt 20 bis 28 Schläge", berichtete der Kläger vor Gericht. Nachdem er sich schließlich als Bundeswehrangehöriger zu erkennen gegeben hatte, seien die Angeklagten davon gefahren und hätten den Mann am Straßenrand liegen lassen. Von den Autofahrern im Verkehrsstau hinter dem sich abspielenden Szenario half keiner; der 31-Jährige musste selbst Polizei und Rettungswagen rufen.

Kein Zweifel an der Schlägerei

Laut Polizeiaussage gestanden Vater und Sohn bei der Befragung die Schlägerei ohne weitere Umstände ein. Dass diese wirklich derart heftig ausgefallen sein soll, das bestätigten allerdings weder Polizei noch Verteidiger. "Nach 28 Schlägen sieht man anders aus – das kann ich nach meiner bisherigen Berufslaufbahn mit Sicherheit bestätigen", befand ein Polizeibeamter. Der 31-Jährige hatte Prellungen im Gesicht erlitten, außerdem eine Gehirnerschütterung und eine Kehlkopfprellung. Nicht zuletzt hatte sich ein Hämatom an seinem Rumpf gebildet. "28 Faustschläge lassen einen nicht soweit in Ordnung aussehen, dass die Rettungskräfte das Okay zum selbstständigen Weiterfahren geben."

Sohn versorgt sechsköpfige Familie

An der Schlägerei selbst bestand jedoch kein Zweifel. Die Staatsanwaltschaft zögerte dennoch einen Moment mit ihrem Plädoyer, machten die Lebensumstände von Vater und Sohn es ihr doch schwer, eine Entscheidung zu fällen. Der 21-jährige versorgt im Augenblick die sechsköpfige Familie allein; dem 42-jährigen Vater wurde das Arbeitsrecht aufgrund der Gerichtsverhandlung und dem Vorfall selbst entzogen, die Mutter arbeitet nicht. Damit der in Vollzeit arbeitende Sohn weiterhin das Geld verdienen kann, verurteilte die Staatsanwaltschaft ihn zu einer geringen Geldauflage von 600 Euro in Raten zu je 100 Euro, die an die deutsche Hirntumorhilfe überwiesen werden sollen; der Fahrer und Vater wurde zu 60 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt.