Bei den Verfahren um Manipulationen haben Hersteller eine riesige Grauzone für sich genutzt.
Lange Zeit sah es so raus, als komme der Dieselskandal den Volkswagen-Konzern extrem teuer zu stehen, während er für andere Hersteller bisher eher glimpflich verlaufen ist. Schließlich hat Volkswagen mit seinem Skandalmotor EA189 betrogen, während Mercedes sich juristisch auf der sicheren Seite wähnt. Denn anders als die Software von VW unterschied die von Mercedes in der Tat nicht danach, ob das Fahrzeug gerade getestet wird oder nicht.
Risiko für Hersteller steigt
Doch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom März könnte die Schwelle für Schadenersatzansprüche von Dieselkunden senken. Demnach reicht es schon aus, wenn Hersteller bei ihrer Software fahrlässig gegen die Regeln verstoßen haben. Auf das Vorliegen eines Betrugs kommt es dann nicht mehr an.
Der Bundesgerichtshof, dessen Rechtsprechung Mercedes bisher sehr zugute kam, überdenkt nun vor dem Hintergrund des Urteils seine Rechtsprechung. Das Risiko, nach acht Jahren doch noch tiefer in den Strudel hinein gezogen zu werden, ist somit für Mercedes durchaus vorhanden. Allerdings geht es dabei eher um den Ruf als um viel Geld. Denn selbst wenn Dieselkunden berechtigt sind, Schadensersatz zu fordern, stellt sich die Frage, worin dieser Schaden besteht und wie hoch er ist. Und sollten – was ebenfalls unklar ist – Käufer tatsächlich ihr Auto zurückgeben können, müssen sie sich auf den zu erstattenden Kaufpreis die jahrelange Nutzung des Autos anrechnen lassen.
Bei den Urteilen geht es somit zunehmend immer mehr um die Moral statt um Moneten. Strafrechtlich ist der VW-Skandal kaum noch aufzuklären – umso wichtiger ist es nun, nachträglich die riesige Grauzone, die Hersteller genutzt haben, zu beseitigen.