Ein Mann soll seine Partnerin geschlagen haben. Nun sprach ihn das Amtsgericht Freudenstadt frei – obwohl er nicht zur Verhandlung erschien und die Wunden der Frau dokumentiert wurden.
Geht es um häusliche Gewalt, treffen oft zwei unterschiedliche Darstellungen eines Vorfalls aufeinander, und das Gericht muss entscheiden, ob eine Verurteilung möglich ist. Doch häufig bleibt am Ende nur ein großes Fragezeichen: Wer hat wen geschlagen? Wer sagt die Wahrheit? Und wer ist das Opfer? So auch in dem Fall, der am Donnerstag vor dem Freudenstädter Amtsgericht verhandelt wurde.
Laut Staatsanwaltschaft soll ein Mann seine damalige Partnerin an einem Abend im Mai 2022 in der gemeinsamen Wohnung in Freudenstadt mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen, ins Schlüsselbein gebissen und ihr mehrfach mit einem Handy gegen den Kopf geschlagen haben. Die Anklage: gefährliche Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeugs.
Der Mann hingegen behauptet: Die Frau habe ihn angegriffen – er habe sich nur verteidigt. Es sei Notwehr gewesen. Die herbeigeeilte Polizei dokumentierte Hämatome am Körper, Bissrötungen und eine Platzwunde am Kopf der Frau und ein Hämatom am Arm des Mannes. Dennoch endete der Prozess mit einem Freispruch.
Ein schwieriges Verfahren
Schon der Verlauf der Hauptverhandlung deutete auf ein schwieriges Verfahren hin: Weder der Angeklagte noch die Geschädigte erschienen vor Gericht. Der Angeklagte sei ein sogenannter Spiegeltrinker und auch für seinen Verteidiger kaum mehr erreichbar. Es sei „hoffnungslos“, erklärte dieser.
Die Richterin entband den Angeklagten vom persönlichen Erscheinen und stützte sich auf seine Angaben aus dem Jahr 2023. Bereits damals kam es zum Verfahren gegen ihn. Dieses wurde jedoch mit Auflage eingestellt. Da er diese nicht erfüllt habe, wurde das Verfahren nun wieder aufgenommen.
„Angst“ vor dem Angeklagten
Damals gab der Angeklagte an, seine Partnerin habe ihn an dem Abend nicht in die gemeinsame, von ihm angemietete Wohnung lassen wollen. Mit einer Spitzhacke aus dem Geräteschuppen habe er schließlich versucht, die Tür aufzubrechen.
Die Geschädigte erklärte in ihrer polizeilichen Vernehmung, sie habe Angst vor dem Angeklagten gehabt. Deshalb habe sie ihn zuerst nicht in die Wohnung lassen wollen. Die Situation habe sich jedoch beruhigt und er habe versichert, er wolle ihr nichts tun, daher ließ sie ihn rein.
In der Wohnung ging der Streit jedoch weiter. Laut dem Angeklagten sei die Frau auf ihn los gegangenen, habe angefangen, ihn zu schubsen. Sie habe ihn geschlagen, erst dann habe er sie geschlagen. Sie habe ihn gebissen, dann er sie. Es sei gegenseitig gewesen. Als er sie wiederholt mit dem Handy gegen den Kopf geschlagen habe, habe sie gerade auf ihm gesessen. Er habe sie geschlagen, damit sie von ihm ablässt.
Verletzungen dokumentiert
Die Darstellung der Geschädigten zeichnete ein anderes Bild: Der Angeklagte habe ihr eine Ohrfeige verpasst, danach sei die Faust gefolgt. Zudem habe er sie mit dem Handy mehrfach gegen den Kopf geschlagen und gebissen. Sie habe versucht, sich in Notwehr zu verteidigen.
Die Polizisten fand den Angeklagten ruhig und kooperativ auf der Couch im Wohnzimmer vor. Ein Test vor Ort ergab einen Blutalkoholwert von 1,35 Promille. Er gab später an, angetrunken gewesen zu sein und sich daher nur teilweise an die Geschehnisse zu erinnern. Die Verletzungen der Geschädigten wurden indessen in einem Rettungswagen dokumentiert.
Im Zweifel für den Angeklagten
Allerdings: Sie hat ihre Anzeige zurückgezogen. Laut Verteidigung sei sie kurz nach dem Vorfall wieder bei dem Angeklagten eingezogen – was oftmals ein bekanntes Muster in Fällen häuslicher Gewalt ist. So blieb es bei widersprüchlichen Aussagen, fehlenden Beweisen und einem Gericht, das am Ende sagen muss: im Zweifel für den Angeklagten.