Julia Timoschenko ist in den Hungerstreik getreten Foto: dpa

Julia Timoschenko, die inhaftierte ukrainische Oppositionsführerin, ist am Montag in einen unbefristeten Hungerstreik getreten. Damit will sie Druck auf Präsident Viktor Janukowitsch machen, das Abkommen mit der EU doch noch zu unterzeichnen.

Julia Timoschenko, die inhaftierte ukrainische Oppositionsführerin, ist am Montag in einen unbefristeten Hungerstreik getreten. Damit will sie Druck auf Präsident Viktor Janukowitsch machen, das Abkommen mit der EU doch noch zu unterzeichnen.

Kiew/Brüssel - Kritik aus Brüssel, Demonstrationen in Kiew: Mit einem Hungerstreik protestiert die inhaftierte ukrainische Oppositionsführerin Julia Timoschenko gegen die Außenpolitik ihres Landes.

Die Politikerin fordere von Präsident Viktor Janukowitsch die Unterschrift unter das Assoziierungsabkommen mit der EU, teilte ihr Anwalt Sergej Wlassenko in Kiew mit. Das Abkommen sollte an diesem Freitag bei einem Gipfel zur EU-Ostpartnerschaft in Vilnius (Litauen) unterzeichnet werden. Timoschenko nehme im Krankenzimmer in Charkow bis auf weiteres keine Nahrung zu sich, sagte Wlassenko.

Im Streit um die EU-Politik der Ukraine erhoben Europas Spitzenpolitiker schwere Vorwürfe gegen Russland. Es habe "externen Druck" auf die Ukraine gegeben, schrieben EU-Kommissionschef José Manuel Barroso und EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy in einer Erklärung.

In der Hauptstadt Kiew gingen erneut Tausende für einen Westkurs der Ex-Sowjetrepublik auf die Straße. "Wir werden unsere Aktionen fortsetzen, bis der Assoziierungsvertrag unterzeichnet wird", rief Boxweltmeister und Oppositionspolitiker Vitali Klitschko. Am Rande der Proteste setzte die Polizei Pfefferspray gegen Demonstranten ein.

Ein Polizist und ein Parlamentsabgeordneter wurden leicht verletzt, zwei Aktivisten der rechtspopulistischen Partei Swoboda wurden festgenommen. Beobachter sprachen aber von einer allgemein ruhigen Lage. Am Sonntag hatten Zehntausende friedlich in Kiew protestiert bei der größten Kundgebung seit der prowestlichen Orangenen Revolution 2004. Auch in Lwiw (Lemberg) im proeuropäisch geprägten Westen kamen am Montag Tausende Demonstranten zusammen.

Die Ukraine hatte ein jahrelang ausgehandeltes historisches Assoziierungsabkommen für eine engere Zusammenarbeit und freien Handel mit der EU am Donnerstag überraschend auf Eis gelegt. Nach Drohungen von Kremlchef Wladimir Putin, dass die Ukraine dann ihre Handelsvorteile auf dem russischen Markt verliere, stoppte die Führung in Kiew die Annäherung an die EU für weitere Verhandlungen.

Timoschenkos Tochter appeliert an Deutschland

"Wir missbilligen die russische Position und Handlungen in diesem Zusammenhang deutlich", betonten Barroso und Van Rompuy in Brüssel. Der Vorschlag liege aber weiter "auf dem Tisch". Ähnlich äußerte sich Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Der zuständige EU-Kommissar Stefan Füle sagte, er hoffe weiter auf eine Unterzeichnung. "Eine solche Chance gibt es nicht alle zwei Tage", sagte Füle, der aus Brüssel ukrainischen Reportern zugeschaltet war.

Präsident Janukowitsch versicherte, er werde "keinen Schritt zum Nachteil der Ukraine und ihres Volkes" unternehmen. "Niemand wird unseren Traum von einer Ukraine gleicher Möglichkeiten, von einer europäischen Ukraine ruinieren", sagte der Staatschef.

Timoschenkos Tochter Jewgenija appellierte an Deutschland, der in Haft erkrankten Politikerin zu helfen. "Ich denke, dass Deutschland die letzte Chance für meine Mutter ist. Kanzlerin Merkel darf nicht aufgeben. Wenn meine Mutter nicht bald frei kommt, wird sie sterben", sagte Jewgenija Timoschenko der "Bild"-Zeitung. Seibert betonte, dass das Angebot, Julia Timoschenko in Berlin zu behandeln, weiterbestehe. Dies gelte unabhängig von der Unterzeichnung des Abkommens.

Die Behandlung der kranken Julia Timoschenko in Deutschland ist bislang eine Grundforderung der EU für die Unterzeichnung des Abkommens. Wie die Kiewer Tageszeitung "Segodnja" berichtet, verlangt die Ukraine im Gegenzug für ihre Unterschrift unter das Abkommen, dass die EU nicht mehr auf Freiheit für Timoschenko besteht. Außerdem dringe Kiew auf einen Kredit über zehn Milliarden Euro vom Internationalen Währungsfonds IWF, der zudem auf die Forderung nach 40 Prozent höheren Gaspreisen für die Bevölkerung verzichten müsse.