Daimler-Beschäftigte demonstrierten in Untertürkheim. Foto: Peter Petsch

Zu den Protesten vor der Konzernzentrale in Untertürkheim am Montag gegen die befürchtete Ausgliederung von Autohäusern äußert sich der Konzern zurückhaltend. Man bekenne sich zum unternehmenseigenen Vertrieb in Deutschland – aber auch zu der Aufgabe, zukunftsfähig zu bleiben.

Zu den Protesten vor der Konzernzentrale in Untertürkheim am Montag gegen die befürchtete Ausgliederung von Autohäusern äußert sich der Konzern zurückhaltend. Man bekenne sich zum unternehmenseigenen Vertrieb in Deutschland – aber auch zu der Aufgabe, zukunftsfähig zu bleiben.

Stuttgart - Sie sind aus ganz Deutschland gekommen, um ihrem Ärger Luft zu machen. Mit Trillerpfeifen und Plakaten haben Beschäftigte der Niederlassungen gegen eine Neuausrichtung des Vertriebs im Daimler-Konzern protestiert. Die IG Metall, die zu der Kundgebung aufgerufen hatte, befürchtet, dass Ausgliederungen und Verkäufe die Arbeitsbedingungen deutlich verschlechtern könnten. Am Montag wollte der Vorstand des Konzerns über die neue Vertriebsstruktur beraten.

„Wir bezweifeln stark, dass es sich auf längere Sicht auszahlt, unter dem extremen Renditedruck des Kapitalmarkts diese Organisation zu zerschlagen“, sagte der neue Daimler-Betriebsratschef Michael Brecht. Die Niederlassungen seien mit ihrer Umsatzrendite im derzeitigen Marktumfeld durchaus profitabel. „Die Belegschaften erwarten, dass sie nicht vom Unternehmen abgehängt und zum Verkauf angeboten werden“, sagte Brecht. „Wir brauchen Konzepte und keine Kahlschlagpolitik des Vorstands.“

Zur Niederlassung Stuttgart gehören elf Standorte

Daimler betreibt derzeit nach eigenen Angaben 33 eigene Niederlassungen mit 158 Standorten. Dort arbeiten rund 15 000 Beschäftigte. So gehören beispielsweise zur Niederlassung Stuttgart elf Standorte – vom Flaggschiff neben dem Mercedes-Benz-Museum über das Mercedes Forum auf dem Pragsattel bis hin zum Transporter-Gebrauchtwagen-Center Gerlingen. Demgegenüber stehen bundesweit 90 eigenständige Vertragspartner mit 438 Standorten sowie 453 autorisierte Werkstätten mit 536 Standorten.

Die Niederlassungen von Daimler stehen seit Jahren im Verdacht, zu wenig profitabel zu sein. Laut Medienberichten sollen sie in den vergangenen Jahren auch Verluste eingefahren haben. Rund die Hälfte aller Fahrzeuge aus dem Konzern wird in Deutschland über die eigenen Autohäuser verkauft. „Es handelt sich um relativ große Betriebseinheiten, von denen viele zu teuer sind“, sagt Professor Stefan Reindl vom Institut für Automobilwirtschaft der Fachhochschule Nürtingen-Geislingen.

Diese seien zum einen oft an Toplagen in den Städten, zum anderen neigten sie aufgrund ihrer Größe zu Ineffizienz. Andere Hersteller wie BMW oder Audi hätten das gleiche Problem und die Zahl der Betriebe zum Teil schon reduziert oder Einheiten zusammengefasst.

„Ich glaube, dass Daimler nicht alle Niederlassungen verkauft, sondern jeden Standort einer Kosten-Nutzen-Analyse unterzieht und dann überlegt, ob ein unabhängiger Händler das nicht besser kann“, so Reindl. Während manche Niederlassungen aus Prestigegründen notwendig seien, gelte dies längst nicht für alle.

Unternehmen will keine Entscheidung gefällt haben

Eine Daimler-Sprecherin betonte, dass aktuell noch keine Entscheidung gefallen sei. Man untersuche verschiedene Szenarien und sei im ständigen Dialog mit den Betriebsräten. Der Verkauf ganzer Niederlassungen, nicht aber einzelner Standorte, ist wegen einer Betriebsvereinbarung bis Ende 2015 ausgeschlossen. Die Mitarbeiter haben bis Ende 2017 einen Kündigungsschutz.

„Mercedes-Benz bekennt sich zum unternehmenseigenen Vertrieb in Deutschland – aber wir bekennen uns gleichzeitig zu der Aufgabe, unsere Niederlassungen fit zu machen für die Zukunft und damit langfristig Arbeitsplätze zu sichern“, sagte Andreas Burkhart, Mitglied der Geschäftsführung Mercedes-Benz Vertrieb, auf der Veranstaltung in Stuttgart. Man könne es sich nicht leisten, dauerhaft die Wettbewerbsfähigkeit zu riskieren.

Die Vertriebslandschaft von Daimler dürfte sich in den kommenden Jahren stark verändern. Neben großen Showrooms an zentralen Standorten plant der Konzern unter der Marke Mercedes Me bis zu 40 kleine Shops in den Innenstädten, wo Bildschirme das echte Auto ersetzen, dafür aber Kaffee ausgeschenkt wird. Ein erster Online-Shop in Kooperation mit einem Hamburger Händler ist bei möglichen Kunden bereits auf große Resonanz gestoßen.