Hinter den Gastronomen aus dem Zollernalbkreis, die sich am Aussichtspunkt "Zeller Horn" versammelt haben, geht es steil bergab. Der Versammlungsort soll Sinnbild für die aktuelle Situation ihrer Branche sein. Foto: Müller

Es war ein stiller Protest – aber mit gewaltiger Aussage. Gastronomen aus dem gesamten Zollernalbkreis taten ihrer coronabedingten Not vor der Kulisse der Burg Hohenzollern – nah am Abgrund – kund. Die wechselnden Regeln machen der Branche zu schaffen.

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Zollernalbkreis - Seit knapp zwei Jahren hält die Corona-Pandemie und der sich ständig wechselnde Regelkatalog die Gastronomem in Schach. Lockdown, Kontaktbeschränkungen, Kontakterfassung, Sperrstunde, 3G, 3G plus, 2G und zuletzt 2G plus machten nicht nur eine Menge Arbeit – sondern auch finanziell ganz schön zu schaffen.

"Es ist fünf vor zwölf", sagt der Vorsitzende des Zollernalb-Kreisverbands des Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DeHoGa) Markus Holweger. Oder anders gesagt: "Unsere Branche steht am Abgrund".

stiller Protest am Zellern Horn

Um ihrer Not Ausdruck zu verleihen, haben sich 30 Gastronomen am Zeller Horn vor der Kulisse der Burg Hohenzollern zum stillen Protest versammelt – sinnbildlich am Abgrund. Gerne wären mehr Wirte zur Aktion gekommen, berichtet Holweger, der das Café Catrina in Dürrwangen betreibt. Doch da Mitarbeiter in der Gastronomie Mangelware sind, standen viele in der Küche und hinter dem Tresen anstatt sich bei der Protestaktion zu beteiligen.

Doch wohl alle Gastronomen, die in den vergangenen Monaten eine wahnsinnige Resilienz an den Tag gelegt haben stehen hinter dem Protest: "Wenn wir unsere Geschäfte so führen würden, wie die Politik regiert, wären wir pleite", sagt Holweger.

2G-Plus-Regelwirrwarr verärgert

Am zweiten Adventswochenende platze ihm der Kragen: Von heute auf morgen wurde die 2G-Plus-Regelung eingeführt: Geimpfte und genesene Gäste durften nur noch speisen und trinken, wenn sie einen tagesaktuellen Schnelltest von offizieller Stelle vorweisen. Die Quittung kam prompt: Mehr Stornierungen, aber volle Kühlhäuser, weil zuvor für das Wochenende eingekauft wurde. Das Resultat: Die Wirte blieben auf ihren Waren hocken.

Am Folgetag ruderte die Landesregierung zurück und beschloss einige Ausnahmen. Einerseits eine Erleichterung für die Wirte – andererseits der Super-Gau und der Tropfen, der für Holweger das Fass zum Überlaufen brachte. "Es kann nicht sein, dass wir uns jedes mal schneller an neue Situationen anpassen müssen", erzählt er aus dem Corona-Alltag: Mit den Verordnungen haben Gastronomen mehr Aufwand, aber weniger Ertrag: "2G ist ein Lockdown durch die Hintertür".

Lockdown durch die Hintertür

Ein Großteil der Gäste hätte Verständnis – doch nicht alle: "Wir werden beschimpft, mit Hassparolen konfrontiert und gedemütigt, wenn wir Gesetze einhalten", erklärt Holweger. "Wir geben alles, was machbar ist, trotz Personalmangel und Gesetzeslage."

Wirtschaftlich stehen viele Betriebe, wie die Protestaktion zeigen soll, schon nahe am Abgrund. "Nach fast zwei Jahren Pandemie sind bei vielen fast alle Rücklagen aufgebraucht." Zudem flattern vereinzelt Forderungen nach Rückzahlungen der Corona-Hilfen ins Haus, die Einkommenssteuererklärung tue dabei ihr Übriges. "Es ist schwierig, Geld zurück zu zahlen, das man vorher nicht erwirtschaften konnte", resümiert der Holweger. "Viele Betriebe stehen vor dem Ruin" – nicht mal die Hoffnung auf das Weihnachtsgeschäft bleibe dank 2G plus und der Verunsicherung der Menschen.

"Wir fühlen uns als Sündenbock"

Mit dem Protest wollten die 30 Wirte – im Kreis gibt es an die 150 DeHoGa-Mitglieder – zeigen, dass sie nicht schuld an der Situation sind, sondern dafür Sorge tragen, dass die Gäste gegen eine Infektion geschützt sind. "Das ist im privaten Partykeller nicht der Fall. Wir fühlen uns als Sündenbock", so Holweger.

Von der Politik wünschen sich die Wirte im Landkreis, dass " mit Kopf und Verstand an die Sache herangegangen und der Infektionsschutz sowie die Situation der Gastronomen im Blick behalten wird". Zudem müssten Regeländerungen früher kommuniziert werden, sodass Zeit bleibe, sich auf die neue Situation einzustellen.