Der Ex-Tennisprofi Boris Becker wollte einen Fernsehbeitrag von Oliver Pocher verbieten lassen. Doch das Landgericht Offenburg lehnt die Klage ab.
Offenburg - Im Promi-Streit zwischen Ex-Tennisprofi Boris Becker und TV-Komiker Oliver Pocher hat das Landgericht Offenburg (Ortenaukreis) am Dienstag zu Gunsten des Comedians entschieden. Ein strittiger Fernsehbeitrag verletze Becker in seinen Persönlichkeitsrechten nicht, so das Urteil. Die Unterlassungsklage wurde dementsprechend abgewiesen. Weder Pocher noch Becker, der wegen Insolvenzverschleppung in einem britischen Gefängnis sitzt, mussten vor Gericht erscheinen.
Becker wollte mit seiner Klage durchsetzen, dass die rund 16 Minuten lange Sequenz – in der er im Stil von "Versteckte Kamera" hinters Licht geführt worden war – nicht mehr gesendet werden darf. Ein Team der RTL-Pocher-Show "Gefährlich – ehrlich" hatte vorgegeben, einen Preis für Beckers Modelinie verleihen zu wollen. Angeblich hatte den "Fashion Brand Award" ein Verlag aus Österreich ausgelobt. Der überrumpelte Becker nahm die Auszeichnung dankend entgegen – nichts ahnend, dass diese erfunden war. Tatsächlich stammte das Geld aus einer "Spendenaktion", zu der Pocher nach der Pleite der Tennislegende unter dem Motto "Make Boris rich again" – also "macht Boris wieder reich" – aufgerufen hatte. Das böse Erwachen für Becker folgte erst bei der Ausstrahlung des Beitrags im November 2020.
Dass der Fall im Ortenaukreis verhandelt worden war, lag an Becker-Anwalt Samy Hammad. Der Jurist – der bereits selbst in verschiedenen Formaten im Fernsehen zu sehen war – hat seine Kanzlei im badischen Offenburg. Da der strittige Fernsehbeitrag bundesweit zu sehen war, konnte er auch überall Klage einreichen und entschied sich für das Landgericht vor seiner Haustür. Zudem mag eine Rolle gespielt haben, dass das Offenburger Gericht aufgrund der Nähe zum Burda-Verlag – mit Sitz in Offenburg und München – häufiger in Streitfragen des Medienrechts entscheiden muss. Bevor es am Dienstag zur Verhandlung kam, war der Gerichtstermin bereits zweimal verschoben worden.
Der Kläger sehe sich in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt und beleidigt, fasste der vorsitzende Richter und Landgerichts-Vize Holger Haßmann die Position Beckers zusammen. Seine Einwilligung für die Ausstrahlung der Filmaufnahmen sei nur unter Vorspiegelung falscher Tatsachen erfolgt. Das sah die Vertretung Pochers freilich anders. Sie stellte sogar infrage, ob Becker, der zum Zeitpunkt der Klageeinreichung in Großbritannien bereits mitten in seinem Insolvenzverfahren steckte und einen Verwalter vor die Nase gesetzt bekommen hatte, überhaupt befugt gewesen sei zu klagen. Zudem bedürfe es nach Ansicht der Anwälte des Beklagten gar keiner Einwilligung – sei Becker doch eine Person von öffentlichem Interesse.
Zunächst sah es noch so aus, als könnte die Entscheidung zu Gunsten Beckers ausfallen. Das Gericht hielt den von Pocher Reingelegten für "prozessbefugt" und erkannte auch an, dass Becker die Einwilligung zu den Filmaufnahmen unter Vorspiegelung falscher Umstände erteilt hatte. Allerdings sei die Veröffentlichung auch ohne Einwilligung möglich, da es sich um "Bildnisse der Zeitgeschichte" handle. "Bei der Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Interesse des Klägers an seiner Privatsphäre überwiegen aus Sicht der Kammer auf Grund der Umstände des Einzelfalls die Belange der Meinungs- und Rundfunkfreiheit", erklärte Richter Haßmann. Becker stehe als früherer Tennisprofi auch heute noch im Licht der Öffentlichkeit. Anwalt Hammad hatte bereits in einer Sitzungspause angekündigt, das Urteil im Falle einer für seinen Mandanten ungünstigen Entscheidung genau prüfen zu wollen, um gegebenenfalls dagegen vorzugehen.
Die britische Zeitung "Sun" hatte am Wochenende berichtet, Becker könnte schon bald nach Deutschland abgeschoben werden. Er sei für ein Schnellverfahren zugelassen worden, das ausländischen Häftlingen eine deutlich frühere Entlassung ermögliche, schrieb das Boulevardblatt.