Die Brennöfen bei Duravit könnten im Zuge der Gas-Krise abgeschaltet werden. Dann würde aber der Duravit-Standort in Bischwiller bis zu 25 Prozent der Rückbrand-Kapazitäten aus Hornberg und Meißen übernehmen. Foto: Duravit

Duravit ist einer der größten Arbeitgeber in der Region. Wir haben gefragt, wie sich die gestiegenen Gaspreise aktuell auf die Firma auswirken.

Hornberg - Duravit ist einer der größten Arbeitgeber in der Region. Mit seiner hohen Keramikproduktion zur Fertigung von Toilettensitzen, Waschbecken und Duschen verbraucht das Hornberger Unternehmen für die Brennöfen viel Gas. Doch der Gasmarkt steht aktuell wegen des Ukraine-Kriegs massiv unter Druck und die Preise sind massiv gestiegen. Der Schwarzwälder Bote hat Thomas Stammel, Technischer Vorstand der Duravit in Hornberg, zu der Relevanz de aktuellen Gasproblemen und den Auswirkungen auf die Hornberger Firma befragt.

Herr Stammel, welche Auswirkungen hätte es auf die Duravit und speziell den Standort Hornberg, wenn Russland der Gashahn für längere Zeit zudreht wird?

Weil unsere Öfen in der Keramikproduktion ausschließlich mit Erdgas betrieben werden, hat dieses Thema für uns hohe Relevanz. Und so bestätigen die aktuellen Entwicklungen einmal mehr unsere Nachhaltigkeits-Strategie bis 2045 weltweit ausschließlich klimaneutral zu handeln und dabei möglichst wenig auf die Kompensation von CO-Emissionen zurückzugreifen – auch wenn sie keinen Beitrag zur Lösung der aktuellen Krise leisten kann.

Die Spekulationen über einen möglichen Lieferstopp von russischem Erdgas nach dem Ende der angekündigten Wartungsphase am 21. Juli nehmen wir als überwiegend deutsches und osteuropäisches Phänomen wahr.

Können beispielsweise Teile der Produktion in Betriebsstätten in anderen Länder verlagert werden?

In anderen Ländern, in denen wir produzieren, wird dies kaum diskutiert und auch der Gaspreis steigt dort lediglich um den Betrag der jeweiligen Inflationsraten. Weil etwa 85 Prozent der weltweiten Duravit-Keramikproduktion aus dem Ausland stammt, ist unsere Lieferfähigkeit vorerst gegeben. Für Deutschland rechnen wir allerdings spätestens ab 2023 mit einer Preissteigerung für Erdgas um den Faktor vier. Für unsere beiden Standorte in Hornberg und Meißen würde dies zusätzliche Belastungen von etwa 6,5 Millionen Euro im Jahr bedeuten.

Belastbare Maßnahmenpläne für die dritte Stufe des Notfallplans Gas wurden von der Politik allerdings bisher nicht kommuniziert. Daher sind die wirtschaftlichen Auswirkungen für unsere Standorte im Detail noch nicht absehbar.

Im Rahmen unserer Möglichkeiten bereiten wir uns auf Engpässe vor, beobachten die aktuelle Entwicklung sehr sorgfältig und erwarten mehr Planbarkeit nach dem Ende der aktuellen Wartungsphase an der Nordstream 1-Pipeline.

Ein Szenario wird in dem Zusammenhang derzeit sehr diskutiert: Die Ausrufung der dritten Stufe des Notfallplans Gas. Sollte sich das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz zu diesem Schritt entschließen, wären breite Teile der Industrie und der Gesellschaft betroffen, darunter auch Duravit.

Dies impliziert voraussichtlich auch eine sofortige massive Erhöhung der Gaspreise für Unternehmen in Deutschland.

Können die Brennöfen abgeschaltet werden, ohne dass sie beschädigt werden?

Im Falle einer reduzierten Belieferung mit Erdgas ist für die Fertigung eine Eingrenzung der Spitzenlast, der maximalen Bezugsmenge oder ein zeitweises Abschalten denkbar. Dann könnte beispielsweise unser Duravit-Standort im französischen Bischwiller bis zu 25 Prozent der Rückbrand-Kapazitäten aus Hornberg und Meißen übernehmen.

Wie viele Mitarbeiter hat die Duravit in Hornberg und wo liegt dort der Schwerpunkt der Arbeit?

Hornberg ist ein zentraler Entwicklungsstandort für die in mehr als 130 Ländern agierende Duravit. Die Produktion ist hier spezialisiert, Produktentwicklung und die technologische Forschung machen das Hornberger Werk mit seinen 640 Mitarbeitern als Hauptquartier unbedingt notwendig.n Das Gespräch führte Christina Kornfeld.

Die Standorte

Eine Übersicht über alle weltweiten Produktionsstandorte der Hornberger Firma Duravit gibt es unter www.duravit.de/service/unternehmen/standorte.de. Sie befinden sich außer in Deutschland beispielsweise auch in Frankreich, Indien oder China.