BYD bekommt in Deutschland keinen Fuß in die Tür. Doch Genugtuung über Schwächen der Konkurrenz ist für die deutschen Hersteller in keinem Fall angebracht, sagt unser Autor Klaus Köster.
Auf den ersten Blick wirkt es wie ein Grund zur Genugtuung für die geplagten deutschen Autobauer: Der viel gepriesene chinesische E-Autobauer BYD, dem die Fahrzeuge ansonsten aus den Händen gerissen werden, bekommt in Deutschland keinen Fuß in die Tür. Nicht einmal eines von 1000 Autos, die in diesem Jahr in Deutschland verkauft wurden, kam von diesem Hersteller, der die Welt der E-Mobilität erobert. Noch vor wenigen Monaten eröffnete BYD einen Showroom in Stuttgart, von wo aus man Deutschland aufrollen wollte – nun steht er auf dem Spiel. Ist das E-Auto also nur ein böser Spuk?
Die deutsche Autoindustrie ist ein wichtiger Spieler auf dem Weltmarkt – ihr Heimatmarkt dagegen ist nahezu bedeutungslos. 24 von 25 Neuwagen weltweit werden nicht in Deutschland zugelassen. Die deutschen Autobauer verdanken ihre internationale Bedeutung nicht den Käufern in Deutschland, sondern ihrer hohen Präsenz in aller Welt – vor allem in China. In dem Land werden nicht nur weit mehr Autos verkauft als irgendwo sonst auf der Welt – vielmehr ist die Bevölkerung dort auch so schwach mit Autos versorgt, dass die Wachstumschancen am höchsten sind. Wer als Autobauer in China den Anschluss verliert, kann das nirgendwo sonst ausgleichen, allen Risiken zum Trotz.
In China wiederum ist die Elektromobilität auf einem rasanten Vormarsch. Zwei von drei E-Autos weltweit werden dort abgesetzt. Mittlerweile ist jedes zweite dort zugelassene Auto mit einem E-Motor ausgestattet – Tendenz stark steigend. Die Marktanteile der deutschen Hersteller aber basieren fast ausschließlich auf ihren hoch entwickelten Verbrenner-Fahrzeugen, die in der Oberklasse noch stark gefragt sind. Mit E-Autos aber tun sich gerade Mercedes und Porsche enorm schwer. Für ihre E-Luxusfahrzeuge EQS und Taycan mussten sie die Kapazität ihrer hochmodernen Fabriken in Sindelfingen und Zuffenhausen herunterfahren und arbeiten jetzt nur noch mit einer Schicht.
Ein Rückzugsgebiet gibt es nicht
Da wirkt es für die Deutschen fast beruhigend, in der Heimat noch ein Rückzugsgebiet zu besitzen. Allein der VW-Konzern, Mercedes und BMW stehen hierzulande für drei von fünf Neuzulassungen; selbst die mit Abstand stärkste chinesische Marke, MG Roewe, bleibt weit unter einem Prozent. Doch abgesehen davon, dass die deutsche Nische bei weitem nicht fürs Überleben reicht, wird es auch in dieser ungemütlich. Die Schwäche der Chinesen in Deutschland ist allenfalls eine Momentaufnahme, denn das Segment der günstigen, massentauglichen E-Autos ist noch gar nicht besetzt. Gerade bei den Kosten aber haben die Chinesen riesige Vorteile. Und mit Produktionsstätten in Europa werden sie auch die angedrohten Strafzölle ins Leere laufen lassen, die Europa vor der befürchteten Flut chinesischer E-Auto bewahren soll. Das Rennen hat noch gar nicht begonnen.
Zölle werden Lage nicht entscheidend ändern
Auch wenn vieles dafür spricht, dass sich China seine Wettbewerbsvorteile auch durch unlautere staatliche Exportförderung verschafft, sendet die EU mit Zöllen das falsche Signal. Der entscheidende Vorteil der Chinesen besteht in ihrer unglaublichen Innovationskraft. China macht sich heute das zu eigen, was die deutsche Wirtschaft einst stark gemacht hat: Forscherdrang, Ehrgeiz, Kampfgeist im globalen Wettbewerb. Zölle sind darauf ebensowenig eine Antwort wie ein Rückzug in abgeschottete Märkte.
Nötig ist eine Rückbesinnung auf Stärken, die gerade den Deutschen nicht fremd sind. Dass die IG Metall in dieser Situation ihre Forderung nach einer Viertagewoche in der Autoindustrie recht lautlos hat fallen lassen, ist schon einmal ein guter Schritt. Die deutsche Wirtschaft darf nicht zulassen, mit ihren eigenen Waffen geschlagen zu werden.