Elterntaxis sind vielerorts nicht unbedingt gern gesehen. Foto: © nmann77 - stock.adobe.com

Wenn Mama oder Papa zu Chauffeuren werden: Pünktlich zum neuen Schuljahr rollt vielerorts die Welle der Elterntaxis wieder an. Auch in Calw. Wir haben nachgefragt, wo es Probleme gibt und was die Stadtverwaltung dagegen unternimmt.

Calw - 16 Uhr, kurz nach Schulschluss. Ein 41-jähriger Vater sitzt im Auto, wartet auf sein Kind, parkt vor einer Grundschule. Im Halteverbot, wird später ein Augenzeuge sagen. Als das Elterntaxi dann losfährt, übersieht der 41-Jährige ein dreijähriges Mädchen, das just in diesem Moment zwischen zwei geparkten Fahrzeugen hervortritt. Das Kind wird überrollt, mehrere Meter mitgeschleift, erleidet schwere Kopf- und Halsverletzungen.

Es ist ein Fall der aufhorchen lässt – auch, wenn er sich so nicht im Raum Calw, sondern Medienberichten zufolge vor rund einem Jahr in Berlin zugetragen hat.

Denn unbestritten ist sicherlich, dass die Praxis vieler Eltern, ihre Kinder mit dem Auto direkt von der Schule abzuholen, seit Jahren massiv in der Kritik steht.

Einschätzung der Stadt

Auch in Calw ist das Phänomen bekannt. "Tatsächlich gibt es bei einigen unserer Schulen Verkehrsprobleme, die mitunter auch zu gefährlichen Situationen für Schülerinnen und Schüler führen, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad zur Schule kommen", berichtet Jan Hambach, Leiter der Stabstelle Strategie und Projekte bei der Stadtverwaltung, auf Anfrage unserer Redaktion.

Verstärkt wahrgenommen werde das Problem indes am Hermann-Hesse-Gymnasium in Calw, an der Realschule, an der Heumaden-Schule und am Maria-von-Linden-Gymnasium in Stammheim. "Unser Gemeindevollzugsdienst ist dort immer wieder gezielt im Einsatz – insbesondere jetzt zum Beginn des Schuljahres. Wir weisen Eltern darauf hin, die Straße nicht zu blockieren, Bushaltestellen freizuhalten und Fußgänger sowie Radfahrer nicht zu gefährden", zählt Hambach auf. In einzelnen Fällen würden auch Strafzettel verteilt, "jedoch versuchen wir immer zuerst auf eine Einsicht der Eltern hinzuwirken", so der Leiter der Stabstelle Strategie und Projekte.

Ob und wenn ja in welchem Ausmaß es aufgrund von Elterntaxis in der Vergangenheit auch in Calw bereits Unfälle gab, darauf kann Hambach indes keine Antwort geben. Hier habe die Polizei "aufgrund der fehlenden Recherchemöglichkeit für diese spezielle Unfallart keine genauere Auskunft" parat.

Die Calwer Stadtverwaltung, so führt der Leiter der Stabstelle Strategie und Projekte aus, befürworte, "dass Kinder eigenständig zur Schule kommen, nachdem sie die ersten Male durch die Eltern auf dem Schulweg begleitet wurden". Das fördere die Selbstständigkeit und vermeide Verkehrsprobleme, die auch durch kurzes Anhalten oder Parken entstehen würden. Zudem würden Gefahren für Fußgänger und Radfahrer vermieden. Nicht zuletzt bitte die Verwaltung gerade zum Beginn des Schuljahres, das Thema bei Elternabenden anzusprechen, um diese zu sensibilisieren.

Aufruf von Verbänden

Die Stadt Calw steht mit dieser Einschätzung der Elterntaxis nicht alleine da. Erst vor rund drei Wochen haben nicht zuletzt der ökologische Verkehrsclub, das Deutsche Kinderhilfswerk und der Verband Bildung und Erziehung in einer gemeinsamen Mitteilung dazu aufgerufen, Schüler möglichst selbstständig zur Schule und in den Kindergarten kommen zu lassen.

So fördere ein aktiver Start in den Tag körperliche und geistige Entwicklung. Dies trage dazu bei, im Unterricht entspannter zu sein und sich besser konzentrieren zu können. Nicht zuletzt würden die Kinder so auch lernen, sich selbstständig und sicher im Verkehr zu bewegen. Andere Verkehrsteilnehmer fordern die Verbände gerade jetzt zum Schulstart dafür auf, besonders aufmerksam zu sein.

Empfehlungen der Polizei

Und auch das Polizeipräsidium Pforzheim, in dessen Zuständigkeitsbereich der Kreis Calw fällt, befasst sich dieser Tage mit dem Thema sicherer Schulweg. So teilte die Polizei unlängst mit, dass im gesamten Bereich des Präsidiums in den ersten Wochen nach Schuljahresbeginn verstärkt Beamte im Umfeld von Schulen oder Schulwegen unterwegs seien, um dazu beizutragen, dass alle Schüler sicher ankommen. In Gesprächen mit Eltern sei das Thema Elterntaxis im Mittelpunkt.

Für den Schulweg spricht die Polizei unter anderem die Empfehlung aus, statt des kürzesten Weges lieber den sichersten zu wählen, Straßen also beispielsweise an einem Zebrastreifen zu überqueren. Darüber hinaus sei es sinnvoll, den Schulweg regelmäßig mit dem Nachwuchs gemeinsam zu gehen, um Unsicherheiten zu beseitigen. Auch helle Kleidung oder Reflektoren, um besser gesehen zu werden, seien wichtig. Und nicht zuletzt gelte es Ablenkung durch Handy, Kopfhörer oder auch Fangespiele zu vermeiden.