Saftige Anekdoten aus der verkorksten Beziehung zu seinem Bruder und seiner Schwägerin gibt Prinz Harry in „Spare“ zu Protokoll. Prinz William und Prinzessin Kate machen indessen weiter, als wäre nichts. Es bleibt ihnen ja auch nichts anderes übrig.
Ein heftiger Wind blies ihnen ins Gesicht, als Prinz William und Prinzessin Kate am Donnerstag in Liverpool zum Eingang des Royal University Hospital eilten. Der britische Thronfolger und seine Frau lächelten für die versammelte Menge und die Fotografen, bevor sie in dem Gebäude verschwanden. Die Zurufe der Journalistinnen und Journalisten ignorierten sie.
Im Sturm steht die königliche Familie auch sonst, seit Prinz Harrys Memoiren „Spare“ („Reserve“) in den Regalen der Buchhandlungen stehen.
Harry hält sich darin nicht zurück mit Details über seine Beziehung zu William und Kate. Seinen Bruder „Willy“ bezeichnet der 38-Jährige darin als „geliebten Bruder“ und „Erzfeind“ zugleich, der im Streit sogar handgreiflich wurde. Harrys Frau Meghan sei William von Anfang an distanziert gegenüber getreten, habe ihn vor der „amerikanischen Schauspielerin“ gewarnt. Auch Kate kommt nicht immer gut weg in Harrys Buch. Harry spart nicht an – manchmal pingeligen – Einzelheiten über nur zögerlich geteilten Lipgloss, vertauschte Platzkarten beim Hochzeitsdiner und ausgebliebene Ostergeschenke.
Kein Wort zu „Spare“
„Haben Sie schon Harrys Buch gelesen?“, fragten die Journalisten am Donnerstag in Liverpool. Eine Antwort bekamen sie nicht. Vom Palast gibt es keine offizielle Reaktion zu „Spare“. Auch König Charles III. ging am Donnerstag in Schottland seinem Tagesgeschäft nach, ohne das Buch seines Sohnes mit einem Wort zu erwähnen. Es bleibt ihnen wenig anderes übrig: Zurückschießen, ihre eigene Sicht der Dinge schildern? Undenkbar. „Never complain, never explain“ – das inoffizielle Familienmotto der Windsors, es hält.
Harry ist indes in seiner alten Heimat unbeliebt wie nie: Wie eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov ergab, haben inzwischen zwei Drittel der Erwachsenen im Vereinigten Königreich ein negatives Bild von dem Royal. Auch die britische Monarchie selbst leidet: Die Zahl derer, die stolz auf die Krone sind, sank von 55 Prozent im vergangenen September auf 43 Prozent in dieser Woche.