Ein Storchenpaar hat sich in Hochdorf zum Nisten angesiedelt: Das erste Mal im Kreis Calw. Was die Störche bei ihrer Wohnortwahl berücksichtigen und welche Hoffnungen sich Nagold auf Storchenküken machen darf, erklärt Stefan Eisenbarth vom Nabu.
In Hochdorf hat sich ein Storchenpaar auf dem Strommast bei der evangelischen Kirche niedergelassen. Damit hat sich das Pärchen einen ungewöhnlichen Wohnort erwählt: Bis jetzt ist kein Storchenpaar zum Nisten im Kreis Calw gesichtet worden.
Normalerweise sind die langbeinigen Gesellen eher am Bodensee, in Oberschwaben oder am Hochrhein zu finden. Was Hochdorf bei der Kirche bietet, steht bei Störchen allerdings hoch im Kurs. Eine nahe, offene Landschaft dient als Nahrungsbuffet. Störche sind nicht wählerisch, weiß Stefan Eisenbarth, Fachbeauftragter für Weißstörche beim Nabu. „Das sind Allesfresser“, erklärt er.
Das Bild vom Storch im feuchten, nassen Gebiet, der es auf Frösche abgesehen hat, stimmt so nicht ganz. Sie fressen auch Insekten, Schnecken, Aas oder Blindschleichen. Ein Problem ist dann, wenn Müll herumliegt. Denn die Störche könnten das mit Futter verwechseln und im schlimmsten Fall sich und ihre Jungen vergiften.
Gefährliche Behausung ausgewählt
Außerdem: Eine hohe Stelle, wie eben besagten Strommast, zum Nisten.
Das birgt allerdings auch Gefahren: Denn in der Nähe von Strom besteht im Zweifel Lebensgefahr. „Ich habe auch schon erlebt, dass solche Nester abgebrannt sind“, erzählt Eisenbarth. Deshalb hat er auch das Landratsamt informiert und darum gebeten, eine Erlaubnis für die Isolierung der Stromleitung zu erteilen.
Störche und ihre Horste dürfen eigentlich nicht gestört werden, deshalb ist eine Sondergenehmigung nötig. Eisenbarth zeigt sich erfreut, wie unkompliziert dies ablief. Am Sonntag schrieb er die E-Mail, am Montagmorgen war die Genehmigung da. Am Dienstag konnte die Netze BW, die das Stromnetz betreibt, bereits die Arbeiten ausführen.
„Um Gefahren für die Störche auszuschließen, wurde mit dem Hubsteiger die Freileitung vom Netz getrennt. Damit die Anwohner weiterhin mit Strom versorgt werden konnten, wurde an dem einen Ende der Freileitung eine Trennstelle zugeschaltet. Sie dient dazu, Leitungsabschnitte im Störungsfall oder bei Arbeiten abzuschalten und den elektrischen Betrieb trotzdem weiterführen zu können. Ein Abbau der Freileitung und den Traversen, die am Stahlmast befestigt sind, war somit nicht nötig. Die anderen Freileitungen sind bereits isoliert und stellen keine Gefahr dar“, erklärt die Netze BW das Vorgehen.
Die Störche hat die plötzliche Störung ihres trauten Heims nicht vertrieben. „Die Arbeiter waren maximal eine Stunde am Mast, das Nest wurde nicht beschädigt. Das Storchenpaar hat die Arbeiten auf der Kirche sitzend aus circa 30 Metern Entfernung beobachtet und keine 30 Minuten nach Abschluss der Arbeiten war der erste Storch bereits wieder auf dem Nest“, berichtet das Landratsamt auf Anfrage.
Für solche Arbeiten ist auch Eile geboten, meint Eisenbarth. Haben die Störche ein Gelege und verlassen dieses wegen der Arbeiten, kühlen die Eier in kurzer Zeit aus. „Die Störche hatten gerade erst mit dem Horstbau begonnen und es waren bisher nur wenige Äste eingetragen“, heißt es vom Landratsamt. Dementsprechend waren auch noch keine Eier im Nest. „Da der Eingriff sehr kurz gehalten werden sollte konnten wir schnell reagieren und die Maßnahme genehmigen.“
Störche legen zwei bis drei Eier, bis zu zwei weitere werden im Lauf der Brutzeit dazugelegt. 32 Tage dauert es, bis die Küken schlüpfen. Mit acht Wochen werden sie flügge.
Storchen-Nachwuchs noch nicht sicher
Ob es in Hochdorf dieses Jahr Storchen-Babys geben wird, ist allerdings nicht gesagt. Grade junge Störche würden sich häufig ein Nest bauen, dann aber noch auf Nachwuchs verzichten, erklärt Eisenbarth. Und da die beiden Störche nicht beringt sind, ist nicht klar, wie alt sie sind oder wo sie herkommen.
Aber: Die Tiere sind treu – vor allem zu ihrem Horst. Wird es dieses Jahr nichts mit den Küken, dann kommen die Tiere eventuell im nächsten Jahr in ihren Wahlwohnort zurück – und gründen dann vielleicht eine Familie.
Ein Blick ins Storchennest
Beobachten kann man die Störche über die Webcam der evangelischen Kirche Hochdorf .