Fühlt sich zu Unrecht in die Schmuddelecke gedrängt: Barbershopbetreiber und Friseurmeister Sabo Jundi. Foto: Boller

Barbershops locken mit Haarschnitten für unter 20 Euro. Klassische Friseure wittern da unlauteren Wettbewerb, Schwarzarbeit und Gesetzesverstöße.

Dass die Konkurrenz in Lahr groß ist, ist im Stadtbild deutlich sichtbar: Besonders entlang der Friedrichstraße reihen sich Friseursalons und Barbershops fast aneinander. Die Preise für einen Herrenschnitt belaufen sich hier wie dort mehrheitlich auf unter 20 Euro. Bundesweit beklagen die traditionellen Betriebe die gewachsene Konkurrenz vor allem deswegen, weil sie ihr unlauteren Wettbewerb und Kampfpreise unterstellen.

 

Auch in der Ortenau herrscht in der Branche Unruhe: Günstige Preise und das Anbieten von Friseurdienstleistungen ohne Handwerkszulassung sorgen bei den Mitgliedern der Ortenauer Friseur-Innung für Kritik. Denn: Sobald im Laden Haare geschnitten werden, gilt die Meisterpflicht. Doch wie sieht es in Lahr tatsächlich aus? Ist an den Vorwürfen etwas dran? Schließlich sind die niedrigen Preise weder ein Beweis für Schwarzarbeit noch für Ausbeutung der Angestellten.

Barber ist auch Friseurmeister

Vor seinem Barbershop „Babylon“ in der Kaiserstraße steht Hadar Yasser. Ja, auch er schneidet Haare – und das ganz legal, wie er betont: „Natürlich bin ich Friseurmeister.“ Frauenhaare schneidet er nicht, bietet aber Augenbrauenzupfen an. Auch Sabo Jundi, dessen Laden „Saboss Barber“ nur wenige Schritte entfernt liegt, ist nach eigenen Angaben Friseurmeister. Die Kritik der klassischen Friseure könne er nicht nachvollziehen, erzählt er im Gespräch mit der Redaktion.

Warum dann „Barbershop“ statt „Friseursalon“? „Das ist einfach Marketing. Wir sprechen eine andere Zielgruppe an“, sagt Jundi. Seine Kundschaft: fast ausschließlich Jugendliche unter 18. „Barbershops stehen für eine Kultur, die es so in Deutschland bisher einfach nicht gab“, sagt Jundi. „Das kommt aus den USA, aus Südamerika oder Spanien – und gibt es jetzt halt auch bei uns“, sagt er.

Was es vor allem bei ihm exklusiv gibt und weswegen viele zu ihm kommen, ist Jundis Design-Handwerk. In den etablierten Friseurläden gäbe es sowas ja nicht, sagt Jundi. Die Zeichnungen hat der Friseurmeister selbst entworfen, die Designblöcke liegen auf den Tischen im Salon für die Kundschaft zur Auswahl bereit.

20 Euro verlangt Jundi pro Haarschnitt, wer ein Design dazu möchte, zahlt fünf Euro extra. Wohlgemerkt, dieses Angebot gilt nur für Männer – lange Frauenhaare schneidet Jundi nicht: „Ich bin ehrlich – was ich nicht gut kann, das mache ich auch nicht.“

Barbershop-Inhaber hat bei Instagram fast 50000 Follower

Mit seinen Designs hat sich Jundi im Netz eine treue Fangemeinde aufgebaut: Fast 50 000 Follower zählt sein Instagram-Kanal. Ein Fan reiste eigens aus Dresden an. Auch VfB-Stürmer Deniz Undav, dessen Frau aus Lahr stammt und die selbst gelernte Friseurin ist, war schon da. Dass sowohl der Betreiber als auch die Kundschaft die Besuche im Netz teilen, gehört in Social Media-Zeiten dazu.

Die klassischen Friseure reagieren auf die Barbershop-Konkurrenz unterschiedlich. Regina Schwendemann vom Salon „Bliss“ sieht die Entwicklung gelassen: „Unsere Männer wissen, was sie wollen – das bekommen sie nicht im Barbershop.“ Ansonsten heißt es bei ihr: „Leben und leben lassen“.

Klassische Friseure setzen auf Erfahrung – und andere Kunden

Friseur Michael Strauß von der „Haarschneiderei“ sieht es ebenfalls gelassen, aber trotzdem kritisch – wenn auch eher aus ästhetischer Sicht: „Es ist ja zum Glück nicht mein Problem, wenn die jungen Herren nur noch in den Barbershop gehen und dann alle mit dem gleichen Haarschnitt rumlaufen“, sagt er. Auch Strauß hat eher einen anderen Kundenkreis – für Dauerwellen kämen viele der jungen Männer aber doch zu ihm – wegen der chemischen Prozesse, für die man eine fachgerechte Ausbildung brauche.

Strauß verlangt höhere Preise für einen Herrenschnitt – und sagt auch, wie diese zustande kommen: durch handwerkliches Können, die Einhaltung sämtlicher Hygienevorschriften und die individuelle Betreuung seiner Kundschaft. „Ich nehme mir für meine Kunden jeweils eine halbe bis dreiviertel Stunde Zeit“, sagt Strauß.

Mit Blick auf Barbershops möchte der Friseurmeister nicht alle über einen Kamm scheren: „Ich kenne auch Barbershops, in denen alles seriös abläuft.“ Gleichwohl ist er überzeugt, dass nicht in allen Betrieben rechtlich alles einwandfrei ist. Diese Einschätzung teilt auch Jundi, der von Kollegen berichtet, die sich nicht immer an die Regeln halten. Flächendeckend sei das aber nicht der Fall, betont er mit Nachdruck.

Friseurmeisterin Sabrina Weschle hat ihren Salon in der Dinglinger Hauptstraße. Auch sie verweist auf die Kosten und Richtlinien, die Dumpingpreise unter 20 Euro eigentlich unmöglich machen müssten. Weschle glaubt, dass nicht nur Schwarzarbeit, sondern auch Schwarzgeld ein Problem darstellt: „Oder diese Betriebe machen etwas fürchterlich richtig und ich furchtbar falsch.“ Ihre Daseinsberechtigung möchte Weschle den Barbieren aber nicht grundsätzlich absprechen: „Viele Barber beherrschen ihr Handwerk wirklich gut“, sagt sie.

Die Herkunft der Barbershops

Barbershops sind international und haben unterschiedliche Einflüsse. Die ersten Barber gab es im alten Ägypten und in Griechenland. Aber das Aussehen der Shops mit den sich drehenden Barbierstangen geht auf die USA in den 1920er-Jahren zurück. Der Begriff „Barbier“ stammt vom lateinischen „barba“, was Bart bedeutet. Aber: Traditionell dienen Barbierbetriebe als Orte des gesellschaftlichen Austauschs, auch in Deutschland. Hierzulande wurde es nach dem Zweiten Weltkrieg allerdings unüblich, zum Barbier zu gehen.