Die invasiven Nager sind bei den Gewässern im Ried kein ungewöhnlicher Anblick. Allerdings können sie Schäden an Dämmen anrichten. Um die Populationen unter Kontrolle zu halten, hat die Verwaltung eine Strategie.
In keinem der Neurieder Ortsteile gibt es so viele Wasserläufe wie in Altenheim. Mühlbach und Co. sind ein wichtiger Lebensraum für die Tier und Pflanzenwelt. In dem Biotop haben sich aber auch invasive Arten breit gebracht. Nutrias, ursprünglich aus Südamerika stammende Tiere, haben sich laut Wildtierportal Baden-Württemberg im vergangenen Jahrzehnt stark vermehrt.
In der Rheinebene fühlt sich der sogenannte Neozon besonders wohl. Den Ortschaftsrat Altenheim hat das zum Handeln veranlasst. Zehn Euro Prämie pro erlegtem Tier zahlt die Verwaltung den Jägern. Das beschlossen die Ortschaftsräte 2022 einstimmig.
Der Grund für die Bejagung liege im Dammschutz, erklärt Sabine Broß von der Altenheimer Ortsverwaltung: „Die Nutrias können die Dämme richtig unterhöhlen“. Und von den Nagern gebe es eben sehr viele. Die Idee mit angestoßen hatte der Kehler Wildtierschützer Michael Unger, erinnert sich Broß an die Entscheidung der Ortschaftsräte.
Abgeschnittene Schwänze als Nachweis
Derzeit würden zwei Jäger etwa halbjährlich für die Prämie vorbeikommen, so Broß. Mit im Gepäck haben die dann die abgeschnittenen Schwänze der erlegten Nutrias. „In einer verschweißten Tüte“, so die Verwaltungsmitarbeiterin. Da würde dann „kurz drübergeschaut“, ob die angegebene Anzahl hinkomme. Niemand wolle dabei einzeln händisch nachzählen, gibt Broß zu.
Die Tiere können Dämme unterhöhlen
Zu den Jägern gebe es eine gute Vertrauensbasis. Die ersten Prämien wurden 2023 ausgezahlt, berichtet Andreas Delfosse, Rechnungsamtsleiter der Gemeinde, auf Anfrage unserer Redaktion. 290 Euro wurden 2023 ausgezahlt, 2024 2610 Euro. „Die stark abweichenden Jahreswerte resultieren daraus, dass die Jäger die Nachweise zunächst sammeln und dann eine Sammelabrechnung einreichen“, erklärt Delfosse den Unterschied. In Summe bedeutet das 290 erlegte Nutrias. „Die Prämie wird für alle Nutrias ausbezahlt, die auf Neurieder Gemarkung erlegt wurden“, so der Rechnungsamtsleiter.
Ausgenommen sei aber der Einzugsbereich der Schutter. Dort sei der „Zweckverband Hochwasserschutz Schuttermündung“ zuständig, der seinerseits mit den Jägern abrechne. „Bei uns geht es also eher um das Rheinumland inklusive Mühlbach“, stellt Delfosse klar. Ein festgelegtes Budget gibt es für die Nutriajagd übrigens nicht. Das Geld kommt aus den Haushaltsmitteln für den Hochwasserschutz, teilt die Gemeinde mit.
Was für Außenstehende vielleicht etwas makaber klingt, wird in zahlreichen Kommunen praktiziert. Schon Anfang der 90er Jahre gab es etwa in Schwanau eine Prämie für die erlegten Tiere. Der deutsche Jagdverband erfasste seinen Angaben nach 2022 deutschlandweit rund 100 000 erlegte Nutria.
Sorgen vor einer Plage
Auch Michel Jürgenmeyer, Vorsitzender der Jägervereinigung Lahr, kennt die Probleme, die durch große Nutriapopulationen entstehen können.
Besonders im Ried würden sich die Tiere stark vermehren. In seinem Revier bei Ettenheim sei das aber „noch nicht so ein riesen Problem“, so der Jäger. Seit einigen Jahren gebe es aber auch in Ettenheim eine Nutriaprämie. Anders als in Altenheim müssten die Ettenheimer aber „keine Nutria-Schwänze abhacken“ um die Prämie zu bekommen. Es laufe auf Vertrauensbasis.
„Wir jagen sie, wo wir sie sehen“, verdeutlicht Jürgenmeyer die Sorge vor einer möglichen Nutriaplage. Auch er sieht Dämme am Rhein, die durch die Nager beschädigt werden können, in Gefahr.
Kann man sie essen?
Die erlegten Nutrias lassen sich verwerten. „Es ist gutes, schmackhaftes Fleisch“, so Michel Jürgenmeyer von der Lahrer Jägervereinigung. Im Internet finden sich einzelne Metzgereien, die Nutriafleisch zum Verkauf anbieten.