Ein Mann wartet auf die Zacke. Es ist Heino auf PR-Mission. Keiner der Passanten glaubt, dass es der Falsche sein könnte. Der Schlager-Veteran singt Cro und schimpft über Bushido.
Stuttgart - Hannelore ist nicht dabei. Der ältere Herr, der allein an der Haltestelle Liststraße oberhalb des Marienplatzes wartet, macht nicht den Eindruck, als sei er mit dem Seniorenticket unterwegs. Mit gefärbten Haaren und einem Totenkopf auf der blauen Jacke sieht er aus wie einer, der nicht älter werden will.
Herr Heino ist gut drauf. „Baby bitte mach dir nie mehr Sorgen um Geld, gib mir nur deine Hand, ich kauf dir morgen die Welt“, singt der 74-Jährige an der Zacke-Haltestelle den Hit des Stuttgarter Popstars Cro. So wie der Rapper immer eine Maske trägt, so trägt der Volksmusik-König immer eine Sonnenbrille. Als Nächstes, verrät Heino, werde er diesen Cro-Song covern. Die schwarzbraune Haselnuss scheint vergessen. Jetzt gefällt er sich als „coole Socke“, zu der ihn Ehefrau Hannelore ernannt hat.
Der Mann ist Profi und viel zu früh da. Um 21.13 Uhr soll Heino, der in neuer Härte mit Coverversionen Charterfolge feiert, in die Zacke einsteigen. Die wird an diesem Abend zum rollenden Hörfunkstudio. Am Marienplatz startet SWR-4-Moderator Jörg Assenauer mit etwa 30 Zuhörern seine Talk-Runde „Höhepunkte“, die bisher vom Fernsehturm kam. Weil das gerade nicht geht, will er mit seinen Gästen von der Zacke aus die Aussicht auf Stuttgart genießen.
Der Star der neuen Ausgabe (zu hören an diesem Sonntag von 12 bis 13 Uhr bei SWR 4) steigt an der Liststraße zu. Die Überraschung ist gelungen. Immer wieder bremsen Autos ab, die Fahrer schauen staunend aus den geöffneten Fenstern raus und freuen sich. Dass es nicht der echte Heino sein könnte, glaubt wohl keiner.
Das Taxi hat den Sänger so früh gebracht, dass viel Zeit an der Haltestelle bleibt.
23 Minuten warten mit Heino.
Wo Heino ist, scheint der braune Schatten von Bushido nicht weit. „Wer so gegen Schwule hetzt und zu Gewalt aufruft, gehört verboten“, sagt der 74-Jährige. Für richtig hält er es, dass der umstrittene Bushido-Song auf den Index gekommen ist, also nicht mehr offen verkauft werden darf. Für den Rapper sieht Heino nur zwei Alternativen: „Entweder muss Bushido in psychiatrische Behandlung, weil er krank ist, oder wegen Volksverhetzung vors Gericht.“
Ein Passant läuft vorbei, bleibt stehen, um Heino für dessen Attacke gegen Bushido zu danken. Derartiges Lob hört er gerade oft. „Eigentlich wollte ich mich ja nicht mehr aufregen“, sagt er. Nach über 50 Jahren im Showgeschäft werde man gelassener. Am Anfang habe er kämpfen müssen, erinnert er sich, vor allem in Stuttgart. „Der SDR wollte mich in den 1960ern nicht spielen“, sagt er. Später holte ihn Ministerpräsident Filbinger nach Stuttgart, damit Heino die deutsche Nationalhymne für Schüler aufnehmen konnte. Heino sang auch die erste Strophe. Aber das ist lange her.
Aus der Zacke, die von Degerloch kommt, steigen zwei Wandersleute aus – es ist ein älteres Paar mit Strohhüten und Rucksäcken. „Das könnten Hannelore und ich sein“, sagt Heino, „wenn es nicht mit meiner Musikkarriere geklappt hätte.“
Am 7. September spielt Heino auf der Freilichtbühne Killesberg.