Selbst bei Parteifreunden steht Siegfried Lorek in der Kritik. Foto: /Gottfried Stoppel

Die FDP wirft Innenminister Thomas Strobl (CDU) vor, gutsherrenartig mit dem Parlament umzugehen. Sein Haus habe einen Fragenkatalog der Liberalen zur Besetzung von Spitzenposten bei der Polizei und zum Aufstieg des Staatssekretärs unvollständig beantwortet.

Stuttgart - Die Vorwürfe wiegen schwer – immer noch. Vetternwirtschaft werfen dem CDU-Abgeordneten Siegfried Lorek selbst eigene Parteifreunde vor: Dass der frühere Polizeioberrat sich brüstete, maßgeblich daran beteiligt gewesen zu sein, wie und an wen Spitzenpositionen in der baden-württembergischen Polizei durch das Innenministerium vergeben wurden. Dass diese Posten vergeben wurden, ohne für die Bewerbungen anderer Polizisten ausgeschrieben worden zu sein. Dass Lorek erzählte, im Falle einer verfehlten Wiederwahl bei den Landtagswahlen im März hätten ausgerechnet jene Spitzenpolizisten schon für ihn gesorgt.

Darüber hatte unsere Zeitung im Mai berichtet. Drei Tage später wurde Lorek als Staatssekretär im Justizministerium vorgestellt. Eine Stelle, die seit 30 Jahren nicht mehr besetzt worden war. Um Migration soll sich Lorek bei den Juristen kümmern, ein Bereich, der bislang im Innenressort mitgemacht wurde. Etliche Abgeordnete vermuten, Lorek sei nur geparkt worden, bis Gras über seine Affäre gewachsen sei, um dann ins Innenministerium zu wechseln.

Die FDP beklagt, dass ihre Fragen unbeantwortet blieben

Die FDP wollte deshalb die Berufung Loreks in die Landesregierung erklärt bekommen. Zwölf ihrer Abgeordneten fragten Mitte Mai nach. Am 8. Juni beantwortete das Innenministerium – wenn überhaupt nur unvollständig – die elf Fragen der Liberalen. Dafür aber solche, die gar nicht gestellt wurden: So wird beamten- und laufbahnrechtlich gerechtfertigt, warum Loreks Frau – ohne das die Stelle zuvor ausgeschrieben wurde – persönliche Referentin der damaligen Kultusministerin und CDU-Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann wurde. Eine mit einem Wechsel in den höhren Dienst – und damit besseren Karrie- und Besoldungsmöglichkeiten – verbundene Position. Ähnlich hatte Lorek mit einer „Stelle Gabi“ überschriebenen Mail auch schon im Februar 2020 versucht, kritische Parteifreunde ruhigzustellen. Aber: Ohne Auswahlverfahren und Studium an der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster wäre ein solcher Karriereschub für die damals Erste Hauptkommissarin in der Polizei nicht so einfach gewesen.

Merkwürdig kommt den Liberalen auch vor, dass mit Julian Würtenberger der beamtete Staatssekretär des Innenministeriums die Antwort unterschrieb. Nicht der parlamentarische Staatssekretär Wilfried Klenk oder gar Minister Strobl, wie es sonst gerade bei derartigen Fragen Gepflogenheit zwischen Parlament und Regierung ist. Die Folge: Die FDP rügt in einem Brief an Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) das Verhalten des Ministeriums. Tadelt „die unvollständige Beantwortung“ ihres Antrags und bittet die Chefparlamentarierin, „auf eine vollständige Beantwortung der Berichtsbitten hinzuwirken“. Ein „eher seltener Vorgang“, sagt ein Sprecher des Landtages. Denn: Nach der Landesverfassung hat das Parlament ein Informationsrecht, der die Landesregierung nachzukommen hat.

Antwort war schon zuvor in der Presse zu lesen

Dass das Innenministerium die unangenehmen Fragen nicht beantwortet, „spricht für sich, denn es wird deutlich, dass Innenminister Strobl die Vorwürfe aussitzen will“, sagt Hans Dieter Scherer, migrationspolitische Sprecher der FDP. Strobl verspiele damit eine Gelegenheit, die Vorwürfe aufzuklären. Er behandele das Parlament nach Gutsherrenart: Das Auskunftsrecht der Abgeordneten gegenüber der Landesregierung sei verfassungsrechtlich verbürgt und „zentral für eine wirksame Kontrolle der Regierung durch das Parlament“. Zumal das Ministerium dem Parlament Antworten vorenthält, die drei Tage zuvor schon in der Presse zu lesen waren.

In seiner unpräzisen Antwort lässt Strobl ausführen, es sei nicht „Aufgabe der Landesregierung, jedwede Presseberichterstattung zu kommentieren“. Das gelte besonders für Artikel, die jedenfalls teilweise auch auf Spekulationen, insbesondere auf Spekulationen ungenannter Dritter, beruhten. Keinen konkreten Vorwurf entkräften die Ministerialen – wie zuvor auch Lorek selbst in seiner Antwort auf unsere Presseanfrage. Gesprächspartner in Politik und Verwaltung wollen unerkannt bleiben – aus Furcht vor Repressionen. Die Veröffentlichung „Ein gut versorgter Abgeordneter“ führte jedenfalls zu einer hektischen Telefonaktion, mit der Lorek herausfinden wollte, welche Parteifreunde mit der Presse sprachen.