Zwar hat die Polizei schon PS-starke Boliden und ihre Fahrer am Mazmann kontrolliert (Symbolfoto), doch der Lage wird sie ebenso wenig Herr wie die Stadtverwaltung Albstadt. Foto: Stratenschulte

Nichts bringen offenbar die Beschwerden der Anwohner an den Hängen westlich und östlich des Mazmann-Geländes. Dort treffen sich Raser, Tuner und Poser und prahlen bis in den frühen Morgen mit Pferdestärken.

Albstadt-Ebingen - Die Autonummern sind bekannt, Daten und Uhrzeiten auch. Fein säuberlich haben Anwohner, die sich anders nicht mehr zu helfen wissen, aufgelistet, wer ihnen wann den Schlaf raubt, den Blutdruck in gefährliche Höhen treibt und ihre Nerven zersägt. "Knallender Auspuff", "Driften im Kreisverkehr", "Regelmäßig ein V8 im ersten und zweiten Gang, der Gas gibt, schlafen unmöglich", "laute Musik", "lautes Gegröle", "Motor mehrfach bis an den Drehzahlbegrenzer", "röhrende Auspuffanlagen", "schießender Auspuff", "knallender Auspuff", "Geschrei und Party", "Motorenlärm" und vielfach "laute Bässe und Musik. Zudem noch das alltägliche Gedröhne durch Poser" – so steht es in einem Protokoll, das Anwohner der Hänge im Westen und Osten des Mazmann-Geländes verfasst haben.

Manchmal geht es um Mitternacht erst richtig los

Zwar reicht es nur von Mitte Juli bis Mitte September, dennoch sind dort mehr als 20 Einträge gelistet, die Zeiten betreffen, in denen Menschen schlafen wollen – die Sonntage noch nicht mitgerechnet. Für Sonntag, 4. September, etwa sind "laute Motoren" für 18 bis 23 Uhr aufgelistet, in manchen Nächten geht es laut Protokoll um 23.30 Uhr erst richtig los.

Was das Protokoll auch aussagt, sind die Zeitpunkte, an denen Anwohner die Polizei gerufen haben – und was darauf hin passiert ist: "waren da, konnten aber nichts feststellen. Ich bin dann runter und da war es dann wieder laut", heißt es im Protokoll weiter.

Alle Autos rechtmäßig – aber das Verhalten der Fahrer?

Oberbürgermeister Klaus Konzelmann hat das kürzlich in der Bürgerfragestunde des Gemeinderats gewissermaßen bestätigt: Die Stadt stehe in einem Kontakt mit dem Polizeirevier Truchtelfingen und dessen Leiter Markus Lehmann, so Konzelmann. Die Polizei habe mehrfach kontrolliert, doch gerade bei der jüngsten Kontrolle sei kein einziges nicht rechtmäßiges Auto dabei gewesen, so Konzelmann.

"Das mag sein", kommentiert ein Anwohner. "Aber wenn die Fahrer die teuren und PS-starken Autos nur im zweiten Gang bewegen und dazu mit geöffneter Auspuffklappe, ist das sicherlich nicht im Sinne des Erfinders." Fahrern, die sich so verhalten, könne man den Vorwurf machen, "nach Paragraf zwei der Straßenverkehrsordnung psychologisch nicht fähig zu sein, ein Fahrzeug zu führen".

Das Problem verlagern will Konzelmann nicht

Von einer Schranke respektive einem Aufenthaltsverbot am Mazmann ab 22 Uhr abends, das der Polizei die Möglichkeit gäbe, Platzverweise auszusprechen, hält der Oberbürgermeister nichts: "Das würde das Problem nur verlagern", meinte er und verwies darauf, dass die Polizei nicht die ganze Zeit vor Ort sein und folglich nicht mehr tun könne als regelmäßig zu kontrollieren.

Regelmäßig vor Ort ist einer der Anwohner, die schon vor einigen Jahren mehr als 200 Unterschriften westlich und östlich des Mazmann gesammelt haben, und zwar "immer dann, wenn die Polizei keine Streife frei hat", wie er berichtet. Versuche, mit den Posern zu reden, scheiterten meist: "Angemacht" worden sei er, "und sie sind mit hinterher gefahren, richtig dicht", so der Anwohner, der betont: "Das sind nicht nur Poser, sondern auch welche, die richtig auf Krawall gebürstet sind."

"In Schömberg am Stausee funktioniert es doch auch"

Was schlagen er und seine Nachbarn vor? Allem voran ein generelles Zufahrtsverbot für Autos zu bestimmten Zeiten, eine Schranke oder Polleranlagen. "Am Stausee in Schömberg bestehe ab 22 Uhr ein Aufenthaltsverbot, das dann auch überwacht und daher eingehalten werde. Zudem seien eine Tempo-30-Zone in der Schmiechastraße und der Langwatte sowie Tempo 50 in der Truchtelfinger Straße eine Möglichkeit. Kameraüberwachung ist laut Konzelmann nicht erlaubt, weil es sich um öffentlichen Raum handele.

"So brutal laut – da ist man sofort wach"

"Das Hauptproblem besteht freitags, samstags und vor Feiertagen", berichtet ein weiterer Anwohner. "Im McDonalds-Kreisel beschleunigen sie und sind dann schnell auf Tempo 150 – und ab einer bestimmten Drehzahl so brutal laut: Da ist man sofort wach." Hinzu komme Gegröle, auch weit nach Mitternacht, "bis zum Anschlag aufgedrehte Musikanlagen" in den Autos, absichtliche Fehlzündungen, die sich anhörten wie Pistolenschüsse, offene Auspuffrohre und anderes mehr. "Man hört es hier oben schon, wenn sie normal reden, und wir können im Sommer nicht bei offenem Fenster schlafen."

"Man ist sofort angezündet"

Was noch hinzu kommt: "Sobald man Autolärm hört, ist man sofort angezündet", so einer der Anwohner. Im Klartext: Selbst im Urlaub oder andernorts verursache Autolärm ihm Stress, weil er ihn an die Situation zuhause erinnere. Vom Oberbürgermeister – früher selbst Polizeibeamter – sind die Anwohner jedenfalls enttäuscht. Dass es sehr wohl möglich sei, gegen die Raser, Poser und Lärmquellen vorzugehen, weiß einer der Anwohner von einem Beispiel außerhalb Albstadts, wo ein Polizist schon mehrfach Störenfriede aus dem Verkehr gezogen habe. "Aber der ist leider nicht in Albstadt."

Info: Was tut die Polizei?

Was tut die Polizei, um der Lage am Mazmann Herr zu werden? Ein Sprecher des Polizeipräsidiums Reutlingen gibt Antworten:

Wie viele Strafen und Bußgelder im Zusammenhang mit Ruhestörungen rund um das Mazmann-Gelände hat die Polizei 2022 bisher ausgesprochen?

Während eines laufenden Jahres ist es sehr schwer, eine konkrete Anzahl an Anzeigen zu nennen. Eine grobe händische Auswertung ergab seit Jahresbeginn rund ein Dutzend Anzeigen wegen Verursachen unnötigen Lärms bei der Fahrzeugbenutzung. Weiterhin verzeichnet die Polizei in diesem Jahr etwa zwei Dutzend Einsätze wegen Ruhestörung im Bereich des Mazmannplatzes und der Gymnasiumstraße, wo regelmäßig Sportveranstaltungen und sonstige Events stattfinden.

Wie viele Autos wurden – zeitweise oder ganz – stillgelegt, weil sie getuned waren oder den Vorschriften nicht entsprachen?

Es gab etwa zwei Dutzend Anzeigen wegen Erlöschens der Betriebserlaubnis, was teilweise zu kurzfristigen Sicherstellungen und zu Stilllegungen nach Begutachtung einzelner Fahrzeuge führte.

Wie oft hat die Polizei 2022 bisher am Mazmann kontrolliert?

Über die Anzahl der Kontrollen führen wir keine Statistik. Die letzte größere Kontrolle fand am 8. Oktober durch Beamte der Verkehrspolizei Balingen statt. Der von Ihnen genannte Bereich wird neben speziell eingerichteten Kontrollstellen auch im Rahmen der Streife regelmäßig von Beamten des Polizeireviers Albstadt und der Verkehrspolizei Balingen überwacht. Die Kontrollen finden zum Teil auch mit zivilen Fahrzeugen statt, so dass sie nicht als solche zu erkennen sind. Weiterhin werden abgestimmte Streifen zwischen dem Gemeindevollzugsdienst der Stadt Albstadt und der Polizei durchgeführt. Zudem finden gemeinsame Gespräche von Stadt und Polizei mit den Beschwerdeführern statt. Mit der sogenannten "Gelbe Karte", einem Schreiben, teilt die Stadt Albstadt Haltern auffälliger Fahrzeuge mit, dass ihr Auto durch laute Fahrweise aufgefallen sei. Sie soll als Warnung dienen und Folgemaßnahmen bei verkehrswidrigem Verhalten aufzeigen.