Waltraud Meyer aus Villingen bringt Kindern seit 43 Jahren das Schwimmen bei. Foto: Heinig

Schwimmen zu können ist überlebenswichtig. Nachrichten von ertrunkenen Kindern will niemand hören. Noch vor der Einschulung das Schwimmen zu lernen, sollte daher ein fester Programmpunkt beim Großwerden sein. Waltraud Meyer bringt Kindern seit 43 Jahren das Schwimmen bei.

VS-Villingen - Normalerweise sind die Dreikäsehochs in ihren Kursen fünf Jahre alt. Nach dem enormen Rückstau der Anmeldungen, der sich durch die monatelange Schließung der Hallenbäder in zwei Corona-Lockdowns bildete, sind Waltraud Meyers Schüler momentan aber schon sechs oder gar sieben Jahre alt.

Familien sollten Bäder besuchen

Erst Ende dieses Jahres, so rechnet die 63-Jährige, werde der Stau abgearbeitet sein. Dabei habe das Amt für Jugend, Bildung, Integration und Sport während des zweiten Lockdowns von November 2020 bis Mai 2021 Schwimmlehrerinnen und -lehrern dankenswerterweise das Unterrichten im Schwimmbad der Friedensschule in Schwenningen ermöglicht, "sonst würden jetzt noch mehr Kinder auf einen Schwimmkurs warten", sagt sie. Da die Bäder derzeit geöffnet haben, wenn auch zu eingeschränkten Öffnungszeiten, rät Waltraud Meyer den Familien, sie mit ihren Kindern so oft wie möglich zu besuchen. Durch das Spielen und Planschen, vielleicht sogar Tauchen sowie dem Aufenthalt – mit Schwimmflügeln – im tiefen Wasser, werden Ängste abgebaut und es tritt eine Wassergewöhnung ein, die sich in einem späteren Schwimmkurs auszahlt. "Diese Kinder lernen viel schneller", weiß die Expertin.

Im Badezimmer kann man sich vorbereiten

Selbst zu Hause im Badezimmer kann man sich vorbereiten: beim Duschen ohne den schützenden Waschlappen vor den Augen oder beim Abtauchen in der Badewanne. Im Kurs heißt es dann, in 15 bis 20 Unterrichtseinheiten à 40 Minuten die kognitiven Fähigkeiten zu nutzen, die man zuvor beim Klettern, Balancieren und Schaukeln auf dem Spielplatz und beim Radfahrenlernen erworben hat. "Mit dem Schwimmen werden Koordination und Motorik der Kinder weiter geschult, sie gewinnen an Selbstbewusstsein und der nächste Urlaub am Strand wird für die Eltern viel entspannter."

Sie brachte es zu mehreren badischen Meistertiteln

Waltraud Meyer, geboren in Villingen, trat mit acht Jahren dem Schwimmclub Villingen (SCV) bei. "Mein Vater hatte Angst, dass ich mich bei einem anderen Sport verletzen würde", erzählt sie, "außerdem waren meine Eltern begeisterte Schwimmer und wir wohnten ganz in der Nähe des Hallenbades." Als Schülerin trainierte sie beim SCV zweimal wöchentlich und brachte es zu mehreren badischen Meistertiteln in ihrer Paradedisziplin, dem Brustschwimmen. Schon bald übernahm sie selbst Traineraufgaben, erwarb die Übungsleiterlizenz, später auch den B-Schein, und engagierte sich für den SCV-Nachwuchs.

Eine eigene Schwimmschule entwickelt

Und sie gab Schwimmkurse für Kinder. Diese Aufgabe lag ihr so sehr, dass sie sie auch während ihrer Ausbildung zur Industriekauffrau und späteren Beschäftigung bei der einstigen Kienzle Apparate GmbH fortführte und allmählich eine selbstständige Schwimmschule daraus entwickelte. Zeitweise betrieb sie sogar eine Ich-AG. Bis zu 100 Kinder hatte sie damals wöchentlich in ihren Kursen und war dafür zumeist in den Schulschwimmbädern der umliegenden Ortschaften unterwegs. Zurückgekehrt in ein Angestelltenverhältnis, reduzierte sie ihr Angebot zwar, behielt es aber bei. Inzwischen hat sie sich wieder dem SCV angeschlossen und unterrichtet im Villinger Hallenbad, im Friedensschulbad in Schwenningen und seit 30 Jahren auch im Aqualino in Unterkirnach.

Streng, aber einfühlsam

Waltraud Meyer hat sich einen guten Ruf erarbeitet: streng, aber einfühlsam. Gerne erzählt sie die Anekdote von einem kleinen Jungen, dessen Mutter ihn fragte, warum er bei ihr häufig, bei Frau Meyer aber nie weine. "Du musst einfach so streng sein wie Frau Meyer", antwortete der Kleine. Vom Rand ins Wasser zu springen, ist für die Kinder eine der ersten Übungen im Kurs. "Ich merke, wer wirklich Angst hat und wer einfach nur bockig ist", sagt "Frau Meyer". Springen müssen sie aber alle.

Dass das Angebot von Schwimmkursen die Nachfrage nicht decken kann, die auch ohne Corona-Rückstand immer groß ist, macht die Trainerin traurig. "Es gibt einfach zu wenige Schwimmlehrer", sagt sie. Mit Anna-Lena und Bianca Weiler sowie Isabell Müller hat sie junge Nachwuchskräfte gewonnen, die sie unterstützen. Ob sie die Kurse aber einst ganz übernehmen werden, ist offen.

Schwimmen können ist eine Frage der sozialen Teilhabe

Schwimmen zu können ist für Waltraud Meyer auch einen Frage der sozialen Teilhabe. Häufig bringt sie es Jugendlichen, sogar Erwachsenen noch bei. Als sportliches Hobby sei das Schwimmen durchaus bezahlbar und für manche Berufsgruppen – man denke an die Polizei oder die Berufsfeuerwehr – sogar eine Einstellungsvoraussetzung. Und in der Schule "versaut es einem die Sportnote, wenn man es nicht richtig kann", weiß sie. Klar, dass ihre eigenen, inzwischen erwachsenen Kinder gute Schwimmer sind. Und ihre 85-jährige Mutter absolviert im Sommer im Kneippbad regelmäßig 500 Meter, das sind zehn Bahnen.

Für sie selbst ist der Schwimmsport zwar nicht mehr ganzjährig an der Tagesordnung, sie schwimmt am liebsten auch nur im Freien, doch bei der wöchentlichen Aquafitness im Rahmen der SCV-Trainingsabende macht sie selbst mit. "Ohne Wasser kann ich nicht sein."