Devid Striesow, einer der fleißigsten und talentiertesten Schauspieler, spielt in „Drei“.

Berlin - Devid Striesow ist groß, blauäugig und blond, und ja, er hat schon Nazis gespielt. Er war aber auch Geschäftsmann, Häftling und Hochstapler. Jetzt verkörpert der 1973 auf der Insel Rügen geborene Schauspieler einen Wissenschaftler, der gern Männer und Frauen küsst.

Devid Striesow kann unglaubliche Sachen mit seinen Augenbrauen machen und mit seinem Mund. Am Gefängnistor steht ein leicht verhärmter Typ mit zusammengekniffenem Mund und Augen, die ins Nichts blicken. Im nächsten Moment rutschen die Brauen nach oben, die Augen leuchten, die Mundwinkel schnellen nach oben, und dann wirkt er so unternehmungslustig und übermütig, dass er einen leicht zu einer Menge Unsinn überreden könnte.

So macht das Devid Striesow, 1973 in Ostdeutschland geboren, als Hochstapler in dem Fernsehfilm "So glücklich war ich noch nie", der inzwischen auf DVD erschienen ist. Frisch aus dem Gefängnis entlassen, trifft er eine schöne junge Frau (Nadja Uhl). Sie arbeitet eigentlich als Prostituierte, und guter Held, der er ist, will er sie retten. Mit blond gefärbtem Haar und im Ralph-Lauren-Look, gestreiftes Hemd und farblich fröhlicher Pulli über der Schuler, sieht er aus wie ein leichtlebiger Schnösel. Bis zur nächsten Szene. Da steht er im Blaumann der Reinigungsfirma Blitzputz da wie einer, der noch nie Ambitionen zu irgendetwas hatte.

Kein Beau, aber charmant

Immer ist dieser Mann genau der Richtige für die Rolle, die er verkörpert. Er hat ein gutes Gesicht, Augen, Nase, Mund sind eher zu klein für so viel Gesicht, das flächig und breit ist. Wenn Devid Striesow lacht, kneift er die Augen zusammen und bekommt Apfelbäckchen, dann ist alles an ihm nett knorpelig, kasperlhaft fast, mit kleiner weicher Nasenspitze und dem runden Kinn.

Kein Beau, aber charmant. Tom Tykwer, der ein hervorragendes Gespür für tolle Schauspieler hat, besetzt ihn für seinen Film "Drei" als Adam, den Wissenschaftler. Sophie Rois und Sebastian Schipper spielen das Paar Hannah und Simon, sie ist Kulturfernsehmoderatorin, er lässt Kunstwerke bauen. Getrennt voneinander lernen sie Adam kennen und verlieben sich in ihn.

Manchmal rennt er in dem Film wie ein drolliger Kugelblitz übers Fußballfeld, verstrubbelt und schwitzend im Volksbühnen-T-Shirt mit dem roten Stern auf der breiten Brust. Manchmal steht er harmlos wie ein blank gewaschenes Englein von oben beleuchtet mit anderen im Kreis und singt.

Devid Striesows Adam ist prall und hell und frisch, das Paar, das ihn begehrt, ist schmal und bleich, die Anspielung ans Vampireske ist nicht sehr subtil. Gegen die Klischees der anämischen Menschen des Geistes und des lebensstrotzenden Mannes der Tat spielen alle drei aber hervorragend an.

Extrem fleißig

Vor allem Devid Striesow amüsiert mit seiner nüchternen Art, als Sebastian Schippers Simon ihm nach dem ersten schnellen Sex in der Badeanstalt erklärt, dass er eigentlich gar nicht schwul ist.

Mit müdem Forscherblick schaut er ihn an, als säße er einem Versuchskaninchen gegenüber und entgegnet freundlich: "Mach dir keinen Stress." Es sei absolut nicht notwendig, sich an Rollenbildern zu klammern. Dass Devid Striesow melancholisch klingt, kann daran liegen, dass er weiß, wie schwer es ist, Klischees zu entkommen. Im Theater nicht, da hat er mit so unterschiedlichen Regisseuren wie Jürgen Gosch und Laurent Chétouane gearbeitet und unterschiedlichste Rollen gespielt.

Doch weil er breitschultrig, blond und blauäugig ist und mit wenig Aufwand zu einem Schurken hergerichtet werden kann, war er im Kino schon einige Male ("Der Untergang", "Die Fälscher") als Nazi zu sehen. Das hat er dann gleich so gut gemacht, dass er den Deutschen Filmpreis bekommen hat.

Devid Striesow ist extrem fleißig und macht viele Fernsehsachen (Assistent in "Bella Block" und in "Polizeiruf", diverse Auftritte in Mehrteilern, Liebesfilmen und Krimis). Er hat aber immer auch ganz großartige Filmrollen angeboten bekommen. Mit Coolness hat er gegen das Klischee des Geschäftsmanns angespielt und in Christian Petzolds Film "Yella" neben Nina Hoss beeindruckt, mit der er an der Hochschule Ernst Busch Schauspiel studiert hat. Er hat in den eigentümlich leisen Filmen von Angela Schanelec mitgespielt, und in Hans-Christian Schmids grandiosen Film "Lichter" ist er der erfolglose Matratzenverkäufer mit Lederjacke, dicker Brille und eng an den Rundkopf gepresstem Haar.

Wenn er beim Lügen ertappt wird, sieht man ihn denken. Nervöses Blinzeln und Lippenzusammenpressen. Soll er zugeben, leugnen, wegrennen? Meistens schweigt er einfach und nickt. Er ist in seiner Verzweiflung und Wut hochkomisch und anrührend, als seine letzte Angestellte ihm hilflos vorschlägt, aus dem leer geräumten Matratzenladen doch einfach einen Imbiss zu machen und leckere Sachen zu verkaufen, und er kurz ausrastet und brüllt, sich gleich darauf bei ihr entschuldigt. Das Wonneproppenlächeln dann ist unwiderstehlich. Man würde es statt im Fernsehen lieber häufiger auf der Bühne und im Kino sehen.