„Bildung ist mein Lebensthema“, sagt der seit Oktober neue Geschäftsführer der Musikakademie VS, Burkhart Matthias Schürmann. „Und das nicht nur in der Musik.“
„Freundlich und herzlich“ sei er empfangen worden und habe eintauchen können in ein „sympathisches Umfeld“, erzählt der gebürtige Nordrhein-Westfale und in Nordhessen aufgewachsene Musikpädagoge.
Nach Baden-Württemberg sei er sehr gerne gekommen, gelte das Bundesland in der deutschen Musikbildungslandschaft doch als „einsame Spitze“ – neben Bayern, wie der 52-Jährige betont, wo er 21 Jahre lang in Kronach an der oberfränkischen Berufsfachschule für Musik als Lehrkraft und Schulleiter tätig war.
Für den Sohn eines Lehrers und einer Lehrerin und nach Klavierunterricht und Mitwirkung in einem Posaunenchor sowie der Schul-Bigband fiel die Wahl für ein Studium – nicht überraschend – auf das gymnasiale Lehramt in Musik und Deutsch, das er in Hannover absolvierte. Nach dem Staatsexamen studierte er dort noch einige Semester Musikwissenschaft und Philosophie, bevor er schließlich ein Dirigierstudium mit Schwerpunkt Chorleitung an der Musikhochschule Würzburg anschloss.
Neben seiner beruflichen Tätigkeit gründete und leitete er den Chor „kleine kantorey“, der Erfolge bei nationalen und internationalen Wettbewerben feierte, zwölf Jahre lang auch das Sinfonieorchester-Projekt „Kronacher Klassik Akademie“ und förderte als ehrenamtlicher Regionalausschussvorsitzender und Juror für „Jugend musiziert“ den musikalischen Nachwuchs.
Die Digitalisierung
Bildung war und ist sein Thema. Ein besonderes Auge wirft er derzeit auf die Digitalisierung, deren prophezeiten Segen er für sich mittlerweile überwiegend als Fluch erkannt hat. War die Möglichkeit des Online-Unterrichts während der Corona-Pandemie – auch in der Musik – eine gute Ersatzlösung, so beobachtet er als Pädagoge heute eine Lücke, die zwischen den heilsbringenden Versprechen und der Wirklichkeit klafft.
Besonders deutlich wurde ihm das während eines beruflichen Jahres in Schleswig-Holstein, wo er an einer durch und durch digitalisierten Privatschule lehrte und „jeder Fünftklässler mit einem Tablet arbeitete“. Die legten das Gerät aber auch in ihrer freien Zeit kaum aus den Händen. Verteufeln möchte er die modernen Medien zwar nicht, betont er, nutzt er sie vor allem im Verwaltungsbereich doch selber.
„Begeisterung verfliegt“
Doch auch wenn am Computer ganz schnell Tonspuren zusammengeschoben, Grooves und Akkordfolgen konstruiert und ganze Musikstücke „komponiert“ werden können, fehle es dabei am Einsatz motorischer und sensorischer Fähigkeiten, an der „Beschäftigung mit der Musik in der Tiefe“, und „die Begeisterung verfliegt“.
An dieser Stelle bekennt sich Matthias Schürmann als vehementer Befürworter eines analogen Unterrichts „mit Herz, Hand und Verstand“. Er selbst unterrichtet Klavier und hilft als „leidenschaftlicher Musiktheoretiker“ jungen Menschen bei der Studienvorbereitung. An einem Instrument werden Körperhaltung, Atmung, Mund-, Kiefer- und Fingerspannung von ihm und weiteren 50 Lehrkräften der Musikakademie beobachtet und verbessert, von den Schülern trainiert. „Das ist Sport“, sagt er.
Zudem geben ihm die Leistungen der Künstler vergangener Zeiten zu denken, die unter den widrigsten Umständen die größten Werke schufen. „Das sind Schätze, die es zu bewahren gilt.“
Und noch ein Aspekt beschäftigt Matthias Schürmann in Zusammenhang mit der Digitalisierung in der Musik. Am Deutenberg-Gymnasium in Schwenningen wurde vor wenigen Jahren versuchsweise eine Tablet-Musikklasse eingerichtet. Inzwischen aber sind die Geräte schon wieder veraltet, müssten für (zu) viel Geld ersetzt werden. Neben der Kostenproblematik sei das auch das ökologische Problem eines unverhältnismäßigen Ressourcenverbrauchs, findet er.
Nach VS umgezogen
Anfang des Jahres ist er mit seiner Frau, zwei Kindern und einem Hund nach Villingen-Schwenningen gezogen. Dank seiner Vorgänger habe er hier eine Musikakademie mit bester Infrastruktur vorgefunden, lobt er.
Das gute Verhältnis zu den Stadtmusiken und der Musikhochschule Trossingen sowie die Kooperationen mit Schulen sorge für eine große Vielfalt an musikalischen Bildungsmöglichkeiten. Die würde Matthias Schürmann gerne noch ausbauen – mit überwiegend analogen Angeboten, versteht sich.