Georg Hackl besucht im Porsche-Museum den Schlitten, auf dem er einst zu großen Erfolgen raste.
Stuttgart - Wer einen Porsche in der Garage hat, ist stolz. Er hat dafür viel Geld ausgegeben, doch ein Einzelstück besitzt er damit nicht. Anders war das bei Georg Hackl. Der einst weltbeste Rennrodler der Welt hatte 2002 eine Porschekonstruktion unterm Hintern. Für die Einzelanfertigung musste er nicht einmal etwas bezahlen.
Im Porsche-Museum nähert sich der Hackl Schorsch eher zögernd dem Ausstellungsstück. Der futuristische Schlitten aus Epoxidglasfaser steht auf einem Sockel und ist eines von 20 Stücken einer Sonderausstellung, die besondere Objekte aus den Konstruktionswerkstätten von Porsche der vergangenen 80 Jahren zeigt.
Hackl umkreist aufmerksam den Kufenflitzer. Sein hellrosa T-Shirt spiegelt sich im blauen Metalliclack. "Sie schauen in Natur viel besser aus als im Fernsehen", lobt ein Museumsbesucher im Vorbeigehen den Schorsch und macht im Mut, sich auf den zerbrechlich wirkenden Schlitten zu setzen. "Soll ich wirklich?", fragt Hackl in die Runde. Übertrieben vorsichtig nimmt er auf seinen früheren Arbeitsgerät Platz. "Hebt's?", will der Bayer wissen: "Wenn need, dann ist er kaputt."
Entwicklungskosten von 50.000 Euro
Natürlich hält der Schlitten. "Passt wie angegossen", kommentiert der Zuschauer Felix Loch, der Rodel-Olympiasieger 2010 in Vancouver, "nur an den Schultern sitzt es etwas eng." Ist da etwa Spott herauszuhören? Das würde Loch nicht wagen. Schließlich ist Hackl inzwischen Bundestrainer.
Aus dem Hintergrund hält Hans-Uwe Baumann die Szene mit der Kamera fest. Nicht ohne Stolz. Kurz vor den Olympischen Spielen 2002 war Hackl zu ihm ins Entwickungszentrum von Porsche nach Weissach gekommen. "Wir hatten ein Problem mit dem Eiskanal von Salt Lake City", erinnert sich Hackl. Die ersten drei Kurven benötigten eine harte Lagerung der Schlittenkufen, auf dem Rest der Strecke hatte ein weich gedämpfter Schlitten Vorteile. "Über eine Lösung habe ich einen ganzen Sommer lang sinniert", sagt Hackl, der als akribischer Schlittentüftler galt. Vergeblich.
Als die Zeit knapp wurde, musste der Konstrukteur Baumann ran, der eigenen Erfahrungen nur mit Kinderschlitten hatte. Nach zwei Monaten harter Arbeit konnte er Hackl als Lösung einen Schlitten anbieten, an dem sich über einen versteckten Handschalter während des Rennens die Härte der Kufendämpfung von hart auf weich umstellen ließ. Die Entwicklungskosten von 50.000 Euro verbuchte Porsche als Sponsoring.
Porsche-Schlitten bis heute ein Unikat
Schließlich galt Hackl damals als Deutschlands Sportheld und Vorzeigebayer. Nach der Silbermedaille bei Olympia 1988 in Calgary, nach den drei Goldmedaillen in Albertville, Lillehammer und Nagano reichte es für ihn 2002 auf dem Porscheschlitten noch einmal für Silber. Den Vorwurf, er habe sich damals mit Baumanns Hilfe einen Wettbewerbsvorteil erschlichen, lässt Hackl nicht gelten. "Wir haben uns diesen Vorteil erarbeitet."
Weil wenige Wochen nach den Spielen von Salt Lake City die variable Kufendämpfung im Rodelsport durch das Reglement verboten wurde, ist der Porsche-Schlitten bis heute ein Unikat. Auf die Frage nach der aktuellen Zusammenarbeit mit den Konstrukteuren in Weissach wird Hackl wortkarg: "Wir plaudern mit Porsche immer wieder über verschiedene Themen." Schließlich will der Bundestrainer, dass Felix Loch und seine anderen Athleten auch in Zukunft schneller sind als die Konkurrenz.