Offenbar hat der Amokläufer vor seiner Tat viel zum Thema Tod und Sterben gelesen.

Stuttgart - Der Amokläufer von Winnenden hat sich nach Aussagen eines Polizisten vor der Tat mit einem „Leben nach dem Tod“ beschäftigt.

Wie der Waiblinger Kriminalhauptkommissar am Dienstag im Prozess gegen den Vater von Tim K. vor dem Stuttgarter Landgericht aussagte, hat er mit Kollegen kurz nach der Gewalttat im Zimmer des 17-Jährigen Dokumente mit Titeln wie „Tod aus Spaß“ und „Abwehrmechanismen des Ichs“ gefunden. Auch eine Zeitung vom Vortag mit einem Bericht zum Amoklauf in Paris habe dort gelegen, sagte der 49-jährige Polizist.

In einem im Haus gefundenen Fragebogen zur Musterung von Tim K. habe gestanden, er leide seit 2008 unter Depressionen.

An den Wänden des Teenager-Zimmers hingen Druckluftpistolen und - gewehre, wie der Zeuge weiter ausführte. In einem Buch im Schreibtisch hätten knapp 5000 Euro gelegen. Zudem seien er und seine Kollegen auf mehrere Fotos von Tim K. mit Waffen und Messern gestoßen.

Der Zeuge und die anderen Ermittler hätten fast 5000 Schuss Munition aus den Waffenschränken des Vaters im Keller sichergestellt. Den angeklagten Vater habe er am Tattag nicht gesehen.

Seite 2: Arzt nimmt Zeugnisverweigerungsrecht in Anspruch

Der Vater des Amokläufers muss sich seit zwei Monaten vor Gericht verantworten, weil er eine seiner Pistolen unverschlossen im Schlafzimmer aufbewahrt hatte. Damit hatte sein Sohn am 11. März 2009 an seiner früheren Realschule in Winnenden (Rems-Murr-Kreis) und auf der Flucht nach Wendlingen (Kreis Esslingen) 15 Menschen und sich selbst erschossen.

Die Anklage lautet auf Verstoß gegen das Waffengesetz. Dafür müsste der Mann für höchstens ein Jahr ins Gefängnis. Die 18. Strafkammer hatte aber zu Beginn des Prozesses gesagt, auch eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung sei denkbar. Dann drohen dem Vater bis zu fünf Jahre Haft.

Am Dienstag hat zudem ein Waffenexperte des Landeskriminalamtes ausgesagt, dass mehr als 150 der von ihm untersuchten Patronen und Hülsen von den Tatorten mit Patronen übereinstimmen, die in der Wohnung des Vaters gefunden wurden.

Keine Aufklärung zum Gemütszustand des Amokläufers ist von einem Arzt der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Weinsberg zu erwarten, der Tim K. behandelt haben soll. Er und eine Mitarbeiterin berufen sich nach Auskunft des Vorsitzenden Richters auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht und stimmen auch der Verwertung früherer Aussagen nicht zu. Deshalb werden sie nach Entscheidung vom Dienstag gar nicht erst als Zeugen aussagen.

Zu einem Befangenheitsantrag gegen einen psychiatrischen Sachverständigen gab es zunächst keine Entscheidung. Der Prozess wird am 18. November fortgesetzt.