Zahl der Straftaten in Deutschland sinkt auf niedrigsten Stand seit 1990. Netz-Kriminalität steigt.

Berlin - Die Zahl der Straftaten ist in Deutschland auf den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung gesunken. Im vergangenen Jahr wurde mit rund 5,93 Millionen registrierten Vorfällen erstmals die Sechs-Millionen-Marke unterschritten. Im Vergleich zu 2009 ging die Kriminalität um zwei Prozent zurück.

Sorgen bereitet dagegen ein deutlicher Anstieg der Straftaten im Netz um acht Prozent sowie beim Betrug mit Zahlungskarten um fast zwölf Prozent. Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) bezeichnete die Statistik als verzerrend.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) stellte die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) am Freitag in Berlin vor. Die Gesamtzahl sei eine „durchaus positive Entwicklung“, sagte er. Die Aufklärungsquote habe bei 56 Prozent gelegen und damit einen Höchststand seit Erfassung der PKS vor 18 Jahren erreicht. Dies sei ein „hervorragender Beleg für die Polizeibeamten“.

Internetkriminalität auf neuem Hoch

Besorgniserregend ist laut Friedrich die Zunahme bei der Internetkriminalität. Insgesamt schlugen Straftäter in 2010 224.000 Mal im Netz zu. In acht von zehn Fällen handelte es sich um Betrug. Das Ausspähen von Daten nahm um 32 Prozent zu.

Die Methoden der Täter seien immer ausgefeilter, sagte Friedrich. Opfer würden oft nichts bemerken. Er rief Internetbetreiber und Software-Entwickler zu einem besseren Schutz auf. Wer mit dem Internet viel Geld verdiene, müsse auch für die Sicherheit sorgen. Zudem setzte er sich für eine gesetzliche Mindestspeicherfrist von Verbindungsdaten ein. Die schwarz-gelbe Koalition werde über diese Maßnahme reden.

Die Zahl der tatverdächtigen Jugendlichen ging um fast sieben Prozent auf 232.000 zurück. Trotzdem sei dies „kein Grund zur Entwarnung“, sagte der Bundesminister. Das Niveau sei weiterhin hoch. Er verwies auf brutale Überfälle auf U-Bahnhöfen. „Man ist entsetzt, offensichtlich haben viele keine Hemmschwelle mehr.“

Friedrich für „Warnschussarrest“

Der Bundesminister sprach sich für schärfere Maßnahmen in Form eines „Warnschussarrests“ aus. Eine Verwarnung hinterließe bei straffälligen Jugendlichen häufig wenig Eindruck. Ein kurzzeitiger Freiheitsentzug werde als Warnschuss gesehen. Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Hessens Innenminister Boris Rhein (CDU), sagte: „Eine schnelle Verurteilung ist der wichtigste Weg.“

Die Zahl der bundesweit registrierten Gewaltdelikte ging um insgesamt 3,5 Prozent auf 201.000 Vorfälle zurück. Allerdings wurden mehr Fälle von Vergewaltigungen und sexueller Nötigung festgestellt. Zudem wurde häufiger eingebrochen (+ 6,6 Prozent) und mehr Autos wurden gestohlen (+ 4,0 Prozent).

Gewerkschaft stellt Zahlen offen infrage

Die Dunkelziffer wird in der Statistik nicht erfasst. Nach Ansicht des DPolG-Vorsitzenden, Rainer Wendt, sind die Zahlen deshalb nicht aussagekräftig. Die Fallzahlen seien gestiegen und nicht gesunken, sagte er der Nachrichtenagentur dapd. Er geht von zehn Millionen statt sechs Millionen Straftaten in 2010 aus. Friedrich räumte ein, dass die Dunkelziffer nicht miteinbezogen wurde. Trotzdem sei die Statistik ein Indikator.