Der baden-württembergische Innenminister Reinhold Gall (SPD) hat Fehler bei der Besetzung von Führungsposten eingestanden. Foto: dpa

Die Polizeireform begann für Innenminister Gall mit einem Desaster: Ein Gericht prangerte Fehler bei der Besetzung der Führungsposten an. Kann der SPD-Mann die Scharte auswetzen?

Die Polizeireform begann für Innenminister Gall mit einem Desaster: Ein Gericht prangerte Fehler bei der Besetzung der Führungsposten an. Kann der SPD-Mann die Scharte auswetzen?

Stuttgart - Innenminister Reinhold Gall (SPD) hat erstmals Fehler bei der Kür der neuen Polizeipräsidenten eingeräumt und will die Stellen nun neu ausschreiben. „Wir korrigieren ein Versäumnis im Auswahlverfahren“, sagte der SPD-Politiker am Mittwoch in Stuttgart. Er werde auf eine Beschwerde gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe verzichten. Dieses hatte Fehler in der Besetzung der Führungsposten im Zuge der Polizeireform kritisiert, Änderungen bei der Personalauswahl angeordnet und eine Frist bis Ende Januar gesetzt.

Gall erklärte nach einer Sitzung des Innenausschusses, die betroffenen Präsidenten und ihre Vize würden abberufen und nähmen vorübergehend Sonderfunktionen wahr. Die 23 Posten würden neu ausgeschrieben. Der Minister betonte aber, dass die betroffenen Polizeipräsidien zwischenzeitlich nicht führungslos seien - man werde die vorübergehende Leitung geeigneten Kräften übertragen. Er akzeptiere, dass das Gericht die Auswahl der Chefposten als nicht nachvollziehbar empfunden habe. „Ich will nicht den Prozesshansel spielen. Ich nehme das ernst, was das Gericht gesagt hat.“

Der Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Joachim Lautensack, hatte den Rechtsstreit ins Rollen gebracht. Der Polizeidirektor hatte sich für Führungspositionen beworben, war aber leer ausgegangen. Das CDU-Mitglied Lautensack hatte die Polizeireform der grün-roten Landesregierung wiederholt als Gefahr für die Innere Sicherheit kritisiert. Mit der Polizeireform, die zum Jahresbeginn in Kraft trat und Galls Prestigeprojekt ist, wurden vier Landespolizeidirektionen mit 37 Polizeidirektionen zu zwölf Großpräsidien im Südwesten verschmolzen.

CDU-Innenexperte Thomas Blenke sagte zu Galls Entscheidung, die Stellen neu auszuschreiben: „Das ist ein Notausgang, den man jetzt kreiert hat. Man kann nur hoffen, dass hinter diesem Notausgang nicht gleich ein Abgrund kommt.“ Gall habe sich schließlich öffentlich dahingehend geäußert, dass ein neues Auswahlverfahren wohl kaum anders ausgehen könne als das alte. „Das riecht stark nach Befangenheit des Ministers.“ Wenn das Ergebnis der neuen Ausschreibung aber schon feststehe, könnten Bewerber abgeschreckt und die neuen Entscheidungen ebenfalls angreifbar werden.

FDP-Justizexperte Goll: Verheerender Start für eine groß angelegte Reform

FDP-Justizexperte Ulrich Goll meinte, offensichtlich sei die Besetzung der Posten so fehlerhaft gewesen, dass Gall vor dem Verwaltungsgerichtshof keine Chance gehabt hätte. „Insgesamt ist das ein denkbar schlechter, wenn nicht verheerender Start für eine groß angelegte Reform.“ FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke warf Gall Dilettantismus vor. „Ein solches Desaster ist beispiellos für die Geschichte des Landes. Gerade in der Anfangsphase einer derartigen Reform fehlen diejenigen, die diese Reform umsetzen sollten.“

Grünen-Innenexperte Uli Sckerl sagte, Vorrang habe jetzt die zügige und rechtssichere Besetzung der Führungsposten. Eine juristische Auseinandersetzung hätte sich möglicherweise über Jahre hingezogen. Die Regierung müsse sich nun grundsätzlich Gedanken über die Besetzungsverfahren im öffentlichen Dienst machen.

Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hatte kritisiert, das Ministerium habe darauf verzichtet, für alle infrage kommenden Beamten eine „Anlassbeurteilung“ zu erstellen. Die Landesregierung argumentierte hingegen, die Führungsposten seien so besetzt worden, wie es seit Jahren Praxis gewesen sei. Gall geht davon aus, dass die Neubesetzung zwei bis vier Monate dauert. Dabei können sich auch die abberufenen Beamten wieder bewerben - und möglicherweise wieder zum Zuge kommen.