Ein Präzisionsschütze des SEK Baden-Württemberg überwacht, wie sich ein Kollege bei einer Übung aus einem Polizeihubschrauber abseilt. Das Kommando wird sei mehr als zwei Jahren nur kommissarisch geführt. Foto: SDMG/Woelfl

Den Befehl über das Spezialeinsatzkommando Baden-Württemberg haben seit August 2019 Polizeiführer nur vorübergehend inne. Selbst das Provisorium aber wurde im April gegen ein anderes ausgetauscht. Das allerdings verschweigt das Ministerium dem Parlament.

Stuttgart - Seit August 2019 wird das Spezialeinsatzkommando (SEK) der Polizei Baden-Württembergs nur kommissarisch geführt. Aktuell sind sowohl der Kommandoführer wie auch seine Vertreterin lediglich vorübergehend auf diese Dienstposten beordert. Das geht aus der Antwort des Innenministeriums auf eines Anfrage des SPD-Innenexperten Sascha Binder hervor. In diesem April wurde nach Recherchen unserer Zeitung dann wiederum die provisorische Führung des Kommandos durch ein weiteres Duo kommissarisch ersetzt: Der die Eliteeinheit seit Herbst 2019 führende Polizeidirektor und sein Stellvertreter wurden überraschend von der Führung entbunden.

Beide Beamte sind heute noch bei ihren Untergebenen ausgesprochen beliebt und respektiert. Brisant ist, dass dem damaligen Kommandoführer kurz vor seiner Demissionierung signalisiert wurde, er habe die Kommandoführung nach einer erfolgreichen Ausschreibung zugesprochen bekommen.

In einer Antwort auf die SPD-Anfrage bleibt das Innenministerium offenbar bewusst irreführend. Zwar beschreibt es, dass am 9. August 2019 „im Rahmen der geschäftsplanmäßigen Vertretung“ die Leitung der Spezialeinheit übergeben wurde, weil der Amtsinhaber in das Ministerium abgeordnet wurde. Sein Nachfolger habe dann ab 1. Dezember 2019 die Führung kommissarisch übernommen. Dem Parlament verschweigen die Ministerialen jedoch, dass es im April dieses Jahrs den weiteren Wechsel an der Spitze des SEK gab.

Keine Ausbildung in einer Spezialeinheit

Sowohl der jetzige Kommandoführer als auch seine Vertreterin verfügen über keine Ausbildung oder Erfahrung in einer polizeilichen Spezialeinheit. Die Polizeirätin war zuvor im Ministerium verwendet worden. In der Landtagsantwort verwundert deshalb der Satz: „Die Stellensituation des SEK BW unterliegt einem besonderen Geheimhaltungsbedürfnis, da diese Rückschlüsse auf das taktische Vorgehen und auf die Einsatzfähigkeit ermöglicht.“

Zwar sei „über den Zeitpunkt der dauerhaften Besetzung der Kommandoführung des SEK“ noch nicht entschieden, schreibt in Vertretung von Innenminister Thomas Strobl (CDU) dessen parlamentarischer Staatssekretär. Er versichert, dass eine reguläre Besetzung der beiden Dienstposten zeitnah angestrebt werde. Nach Recherchen unserer Zeitung soll dies aber erst im kommenden Jahr erfolgen. Bislang sind die Stellen offiziell auch noch nicht für Bewerbungen ausgeschrieben worden. Die Stellen können frühestens im kommenden Frühjahr regulär besetzt werden.

Das SEK BW wurde am 19. Mai 1976 aufgestellt. Elf Monate später waren die ersten 36 Beamten einsatzbereit ausgebildet und ausgestattet. Bis heute sind sie in Göppingen stationiert. Jährlich bewältigt das SEK mehr als 200 Einsätze. Die Aufgaben für das Kommando sind vielfältig und reichen von Anti-Terror- und Amokeinsätzen über Geiselbefreiungen und Festnahmen bewaffneter Straftäter bis hin zur Rettung selbstmordgefährdeter Menschen aus großen Höhen. Zudem werden die Beamten bei komplexen Durchsuchungen eingesetzt. SEKs wurden als Reaktion auf den Anschlag palästinensischer Terroristen auf die israelische Olympiamannschaft 1972 in München aufgestellt.