Baden-Württembergs oberster Polizist Andreas Renner mit seiner als Prozessbegleiterin beigeordneten Ehefrau vor dem Landgericht Stuttgart 2023. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Ab dem 1. September wird ein Teil des Gehaltes des wegen sexueller Verfehlungen beurlaubten Inspekteurs der Polizei vom Innenministerium einbehalten. Die Maßnahme deutet an, dass Andreas Renner aus dem Beamtenverhältnis entlassen wird.

Politiker begrüßen die Entscheidung des Amtschefs im Innenministerium, Reiner Moser, einen Teil des Gehaltes des seiner Dienstpflichten entbundenen Inspekteurs der Polizei (IdP) einzubehalten. Andreas Renner war im November 2021 wegen der sexuellen Belästigung einer Polizistin in Verruf geraten. Obwohl er vom Dienst freigestellt wurde, erhielt er sein monatliches Gehalt in Höhe von 8457,55 Euro bis zum 1. September weiter.

Vor allem FDP-Frau Julia Goll hatte im Landtag mitunter heftig mit Innenminister Thomas Strobl (CDU) gestritten, ob es rechtlich nicht möglich ist, einen Teil des Gehaltes einzubehalten. Strobl hatte dies stets verneint. Goll sagt: „Das Ministerium geht jetzt offenbar davon aus, dass der IdP perspektivisch keine Zukunft mehr als Beamter hat. Insofern ist es ein wichtiges Zeichen in die Polizei aber auch in die Öffentlichkeit, jetzt endlich einen Teil seines Gehaltes einzubehalten, wie ich es schon so lange fordere.“

SPD-Innenexperte Sascha Binder kritisiert, dass vor drei Jahren wegen der „Gleichgültigkeit Thomas Strobls und der Überforderung seiner Landespolizeipräsidentin“ Stefanie Hinz falsche Entscheidungen zu Gunsten Renners getroffen worden seien. Statt wie üblich das Verfahren sofort an die Fachabteilung des Ministeriums und die Staatsanwaltschaft abzugeben, habe Hinz „alles selber machen“ wollen – „es ging schließlich um ihre rechte Hand“.

Der Grüne Oliver Hildenbrand begrüßt, dass das Disziplinarrecht auch im Fall des bislang ranghöchsten Polizeivollzugsbeamten konsequent zur Anwendung komme: „Es schützt das Ansehen und die Integrität der Polizei.“ Er habe immer darauf hingewiesen, dass die Fragen nach Strafbarkeit und Dienstpflichtverletzungen zwei unterschiedliche seien: „Nach allem, was wir heute wissen, halten wir die vom Innenministerium jetzt ergriffenen Maßnahmen nicht nur für begründet, sondern für längst überfällig.“

Weiteres Ermittlungsverfahren läuft

Das Ministerium bestätigte mit einer Pressemitteilung am Montagmittag einen ihm am Sonntagabend zugesandten Fragenkatalog unserer Zeitung zu genau diesem Thema. Der Mitteilung mit dem irreführenden Dateinamen „Kürzung der Bezüge“ liegen die Bestimmungen des Paragrafen 21 des Landesdisziplinargesetzes (LDG) zugrunde. Nach dem kann bis zur Hälfte das Gehalt eines Beamten einbehalten werden, wenn sein Dienstherr davon ausgeht, dass die vorgeworfenen Dienstvergehen so schwerwiegend sind, dass der Beamte voraussichtlich endgültig aus dem Beamtenverhältnis entfernt wird. In der Regel wird ein Viertel des Gehaltes einbehalten. Würden die Bezüge gekürzt, wäre dies nach Paragraf 29 LDG bereits eine abgeschlossene Disziplinarmaßnahme.

Renner reichte gegen die Entscheidung seines Amtschefs Klage ein. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart teilte auf Anfrage unserer Zeitung mit, dass sie gegen Renner wegen des Vorwurfes der Bestechlichkeit und/oder Vorteilsnahme ermittelt. Das Landgericht Stuttgart hatte Renner im vergangenen Sommer vom strafrechtlich begründeten Vorwurf der sexuellen Belästigung freigesprochen. Seit April ist dieses Urteil rechtskräftig.