Auch weil die Corona-Lockerungen im Laufe des vergangenen Jahres weggefallen sind, musste sich die Lahrer Polizei wieder um mehr Straftaten kümmern als in den beiden Vorjahren. Foto: Gieger

Corona ist vorbei – das merkt auch die Polizei. Im Jahr 2022 lag die Anzahl der Straftaten in Lahr wieder auf Vor-Pandemie-Niveau. Neben der Jugendkriminalität ist Revierleiter Ingolf Grunwald auch wegen der zunehmenden Gewalt gegen Einsatzkräfte besorgt.

Lahr ist eine Stadt, in der man sicher leben kann.“ Diesen Satz aus dem Vorjahr wiederholte Ingolf Grunwald, Leiter des Lahrer Polizeireviers, am Donnerstag bei der Vorstellung der Kriminalitätsstatistik 2022. Dass die Straftaten im Vorjahr um elf Prozent auf 3242 angestiegen sind, überraschte ihn dabei nicht.

Der Hauptgrund: Im Laufe des Jahres spielte Corona eine immer untergeordnetere Rolle, das öffentliche Leben war wieder auf Vor-Pandemie-Niveau. Dort befinden sich nun auch wieder die Zahlen des Polizeireviers, die am Donnerstag vorgestellt wurden. Im Fünf-Jahres-Vergleich gab es nur 2018 (3455) mehr Straftaten als 2022. Und so waren Grunwald und sein neuer Stellvertreter Johannes Maier (seit Februar 2023 im Amt) recht zufrieden mit den Zahlen – vor allem zwei Bereiche machen den Revierchefs jedoch Sorgen.

Immer mehr Kinder und Jugendliche sind Tatverdächtige

Ein Punkt, der den Anwesenden – neben den beiden Polizisten war auch OB Markus Ibert vor Ort – Sorgen bereitet, ist die gestiegene Zahl der jungen Tatverdächtigen. 101 waren im Jahr 2022 unter 14 Jahre alt (2021: 84), 208 waren Jugendliche zwischen 14 und unter 18 Jahren (2021: 139). Man könne die gesamtgesellschaftliche Entwicklung auch in Lahr beobachten, so Maier. Kinder und Jugendliche verübten Taten „quer durch das Strafgesetzbuch bis hin zu Raubstraftaten“. Und: „Es gibt keine Auffälligkeiten bei der Herkunft der jungen Tatverdächtigen“, sagte der stellvertretende Revierleiter. Eine einfache Begründung für den Anstieg der Fallzahlen gebe es nicht, sagten die beiden Beamten. „Ich glaube, es halt nicht alleine mit Corona zu tun. Es geht auch um Werte und darum, diese zu vermitteln“, sagte OB Ibert. Das in Lahr geplante Haus des Jugendrechts sei „die richtige Antwort“, so Ibert. Ähnlich äußerte sich auch Maier. Man stehe mit anderen Behörden in Kontakt, um auch präventiv eingreifen zu können. Ein Haus des Jugendrechts würde helfen, stimmten die beiden Polizisten Ibert zu.

Deutlich mehr Gewalt gegen Polizisten

46 Angriffe auf Lahrer Polizeibeamte gab es 2022 , deutlich mehr als im Jahr zuvor (29). Das entspricht einer Steigerung von 59 Prozent. „Es ist ein Thema, das mich bedrückt“, sagte Revierleiter Grunwald. Denn es gebe keine Hemmschwelle mehr gegenüber Polizisten und anderen Einsatzkräften etwa von der Feuerwehr, dem Rettungsdienst oder dem Kommunalen Ordnungsdienst. „Für so etwas habe ich überhaupt kein Verständnis“, wählte auch OB Markus Ibert klare Worte, um Gewalt gegen Einsatzkräfte zu verurteilen.

Raub-Delikte auf Fünf-Jahres-Hoch

25 Raubdelikte gab es 2022 – das ist der höchste Wert der vergangenen fünf Jahre. Die hohe Zahl sei auffällig, so Maier. Tatverdächtige in diesem Bereich seien „insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene“. Die gute Nachricht: Die meisten Raubdelikte konnten geklärt werden.

Mehr Feiern sorgen für mehr Körperverletzungen

43 Körperverletzungen mehr als noch im Vorjahr gab es 2022. Insgesamt wurden 392 Delikte verzeichnet. „Die Menschen gehen wieder mehr auf Feste und Kneipen. Und unter Alkoholeinfluss passiert dann häufiger etwas“, so Maier. Keine große Veränderung zum Vorjahr gab es bei den schweren Körperverletzungen. 111 im Jahr 2022 stehen 105 aus dem Jahr zuvor gegenüber.

So hat sich die Zahl der Straftaten in Lahr in den Jahren von 2018 bis 2022 entwickelt. Foto: Quelle: Polizei

Auch Diebstähle und Einbrüche nehmen zu

Auch in diesem Bereich wurde wieder ein Anstieg registriert. 712 einfache Diebstähle (2021: 595) wurden zur Anzeige gebracht, 355 davon waren Ladendiebstähle. Zudem gab es 382 schwere Diebstähle, deutlich mehr als im Jahr zuvor (261). Weil die Menschen wieder mehr unterwegs sind, wurden auch mehr Einbrüche registriert. Gab es in den Corona-Jahren 16 (2020) beziehungsweise 11 (2021) Einbrüche, waren es im vergangenen Jahr 24. Diese waren Einzelfälle, eine Einbruchserie gab es laut Polizei nicht.

Straßenkriminalität steigt nicht so viel wie erwartet

„Der Anstieg ist nicht so hoch wie gedacht“, sagte Grunwald und sprach von einem sehr guten Ergebnis. Mit 599 Fällen wurde deutlich weniger Straßenkriminalität verzeichnet als im Vor-Corona-Jahr 2019 (726).

Keine Autobrandserie im Jahr 2022

377 Fälle von Sachbeschädigungen wurden 2022 angezeigt, 148 Mal waren Fahrzeuge betroffen. Eine Auto-Brandserie wie in den Jahren zuvor gab es nicht. Einzeltaten dieser Serie wurden von Verdächtigen zugegeben, die Serie als Ganzes sei jedoch „noch nicht restlos aufgeklärt“, so Grunwald.

Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung blieben unverändert bei 85, auch bei Betrugsfällen gab es kaum eine Veränderung (316 zu 319 im Jahr 2021). Rauschgiftdelikte nahmen ab (173, davor 208), Cybercrime-Fälle blieben gleich (35).

Info – Schwerpunkte im Jahr 2023

Die steigende Anzahl an jungen Tatverdächtigen ist auch in diesem Jahr ein Schwerpunkt bei der Polizei, die gemeinsam mit weiteren Beteiligten an der Prävention arbeitet. Zudem bleibt die Sicherheit im öffentlichen Raum das Hauptanliegen. Zu einem „Dauerthema“ haben sich zudem die Anrufstraftaten entwickelt, so Revierleiter Grunwald. Regelmäßig würden Menschen mit Schockanrufen um Geld gebracht. Die Polizei ist weiterhin um Prävention bemüht.