Zwischen Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und seiner Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (beide CSU) gibt es offenen Krach um die Finanzierung der Energiewende. Foto: dpa

Während sich die CSU im Wildbad Kreuth versammelt, herrscht in Bayern politischer Stillstand.

Während sich die CSU im Wildbad Kreuth versammelt, herrscht in Bayern politischer Stillstand.

München - Es gehört zum alten Brauchtum der CSU: Alljährlich treffen sich Anfang des Jahres in den meist schneebedeckten Bergen im oberbayerischen Wildbad Kreuth zuerst die Bundes- und danach die Landtagsfraktion. Besinnung wünscht man sich bei diesem Ritual, Strategiedebatten, manchmal politische Impulse. Gelegentlich wird auch ein Parteichef und bayerischer Landesvater abgeschossen, wenn es unter den Christsozialen zu heftig brodelt. Wie Edmund Stoiber im Jahr 2007.

Letzteres ist nicht zu erwarten für die in dieser Woche beginnende Klausurtagung. Horst Seehofer sitzt als mit absoluter Mehrheit gewählter Ministerpräsident fest im Sattel. Wie sind die Christsozialen derzeit aufgestellt? Ein wesentliches Ergebnis des Kreuther Treffens wird die Bestärkung der aktuellen Forderung sein, dass es in der EU keine „Armutswanderung“ hin zu den deutschen Sozialsystemen geben darf. Auch für Bulgaren und Rumänen gilt seit Jahresbeginn die Freizügigkeit, die CSU verlangt in einem Entwurf für Kreuth: „Wer betrügt, der fliegt.“

Bundespolitisch erweist sich die Partei unter der Regie von Seehofer damit keine drei Wochen nach der Ministervereidigung erneut als Krawallmacher. Im Tatsachenkern stützt sie sich auf den Koalitionsvertrag – nur wird dieser einseitig und für populistische Töne herangenommen. Die Partei folgt damit ihrem Maut-Spektakel, in Bayern hat dies ihr mit zur absoluten Mehrheit verholfen.

Solche Aktionen sind für die CSU notwendig. Im Bund und im Bündnis mit CDU und SPD hat die CSU weniger Macht als zuvor in der schwarz-gelben Regierung. Drei Ministerien konnte sie in Berlin halten, dennoch wurde sie gerupft. Einzig das Verkehrsressort für Alexander Dobrindt gilt als Schlüssel-Ministerium, hinzu kamen als Brosamen die Landwirtschaft für den entmachteten Innenminister Hans-Peter Friedrich und die Entwicklungshilfe. Seehofer, der in den letzten Monaten in Berlin Politik betrieben hat, weiß das. Die größte Aufgabe hängt nun an Dobrindt: Er muss die Pkw-Maut für Ausländer umsetzen. Es sind Nischenthemen, an denen die CSU arbeitet, doch sie sorgen für Schlagzeilen.

In Bayern wiederum herrscht nach der Wahl vom 15. September 2013 nahezu politischer Stillstand. Die Minister, die auch Konkurrenten für die Seehofer-Nachfolge in nicht allzu ferner Zeit sind, scheinen sich in Sacharbeit zu stürzen. Bei der nächsten Wahl 2018 will Horst Seehofer nicht mehr antreten, und er will die Nachfolge aus eigener Kraft regeln. Der Kandidat Markus Söder, Finanzminister und immer wieder auch gerne ein Haudrauf, verkündet landauf, landab die Fortschritte in der Digitalisierung Bayerns. Dass es in den vor allem ländlichen Teilen des Freistaats weiterhin keine schnellen Internetverbindungen gibt, erweist sich als großes Minus auch für die Wirtschaftsentwicklung. Die aus Berlin nach München zurückgekehrte Ilse Aigner wiederum muss sich an der Energiewende abarbeiten, bei der kaum etwas vorankommt. Planer von neuen Windanlagen drohen mit Klagen gegen fehlende Genehmigungen, manche Orte stemmen sich gegen künftige Windräder. Derzeit behilft sich Aigner mit Erfolgsmeldungen über den Tourismus und das Meister-Bafög. Sie hat mit dem Wechsel an die Isar einen schlechten Tausch gemacht. Von der Kronprinzessin wurde sie zu einer Anwärterin unter mehreren. Die Nachfolge-Aspiranten müssen sich gerade mit viel Schwarzbrot begnügen.