Bei der CDU-Kreisreise begrüßt Eutingens Bürgermeister Markus Tideman den hohen Gast. Innenminister Thomas Strobl lobt die „Gäuwärme“ und das Nahwärme-Konzept und schimpft über „Bürokratie-Irrsinn“ aus Berlin.
Das Untergeschoss der „Gäuwärme“. Geschäftsführer Steffen Frank zeigt auf eine Weitingen-Karte mit vielen grünen Punkten: „Alle Grünen sind schon angeschlossen.“ Fast das ganze Dorf. Da staunt der Schwarze. Vize-Ministerpräsident und Innenminister Thomas Strobl (CDU) ist zu Besuch. Auf Einladung von Katrin Schindele (MdL, CDU).
Letzte Station der Kreisreise. Ehe die Gäste vor der Gäuwärme dran sind, eilt Strobl erstmal bewusst zu seinen Polizisten. Dann begrüßt er die Wartenden. Neu-Bürgermeister Markus Tideman (SPD) darf die CDU-Promis begrüßen: „Ein Glück für Eutingen, die Gäuwärme zu haben – ein Erfolgsmodell! Inzwischen sind 65 Häuser von Weitingen angeschlossen.“ Tideman-Vorgänger Armin Jöchle fügt schmunzelnd hinzu: „Sogar der örtliche Heizöl-Händler hat einen.“
300 Haushalte werden versorgt
Nahwärme auf dem Dorf. Hier klappt es. Gäuwärme-Geschäftsführer Steffen Frank: „2014 sind wir in Betrieb gegangen. Inzwischen versorgen wir 300 Haushalte mit 14 Kilometer Leitungen.“ Seit drei Jahren ist auch der Energiehof Weitingen von Winfried und Juliane Vees dabei. Sorgen im Sommer für Wärme. Nützt beiden. Juliane Vees: „Das zeigt, dass es funktionieren kann, wenn zwei Unternehmer zusammenarbeiten.“
Erinnerungen an turbulente Anfänge
Weitingens Ex-Ortsvorsteher Roland Raible erinnert sich: „Die erste Versammlung bei der Vorstellung der Nahwärme war turbulent. Es war super, dass im ersten Schritt die Unternehmer angetreten sind. Und dass die Gemeinde erklärt hat, mit 30 Prozent einzusteigen. Das hat den Leuten Sicherheit gegeben.“ Strobl lobt: „Eine Top-Zusammenarbeit. Hier wird gezeigt, wie man seit Jahren die Energie der Zukunft herstellt.“
Aber, so Frank, der „Bürokratie-Irrsinn“ macht der Gäuwärme Sorgen: „Wir müssen jetzt unseren Holzvergaser still legen. Und auf Flüssiggas umsteigen.“ Der Grund: Weil die Gäuwärme als gewerbliche Anlage gilt, unterliegt sie dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG). Klartext: Die Asche der Holzhackschnitzel muss kilometerweit ins Ruhrgebiet transportiert werden, damit hier per Verbrennung dafür gesorgt wird, dass die Schadstoffe vernichtet werden. Frank: „In den dortigen Anlagen wird die Schlacke bei 1000 Grad gecrackt. Das können wir auch in unseren Öfen machen. Dürfen wir aber nicht.“
Strobl regt sich auf: „Diese Regelung mach null Sinn.“
Vize-Ministerpräsident Strobl: „Was ein Irrsinn! Diese Regelung macht null Nutzen. Ein Beispiel, das zeigt, dass die Ampel sich darum kümmern sollte, solche unnötigen Hindernisse aus dem Weg zu räumen!“
Im Untergeschoss erklärt Gäuwärme-Geschäftsführer Frank die Technik und den Energieverbrauch. So benötigt die Anlage lediglich zehn Kilowatt Strom, um das Warmwasser zum Kunden zu pumpen. Strobl: „Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Das entspricht dem Stromverbrauch von vier Wasserkochern. Das ist extrem effizient.“ Schüttelt dann noch den Kopf über die von der Bundesregierung verordnete Wärmeplanung in den Kommunen (soll spätestens 2028 fertig sein): „Auch hier in Eutingen sieht man, das braucht mindestens ein Jahrzehnt zur Umsetzung.“
Dann gehts per Fuß zum Energiehof der Familie Vees. Den hat Strobl früher schon mal besucht. Er genießt deshalb, wie ihm Winfried Vees die Pflanzen und den Ackerbau erklärt. Strobl staunt über die Saubohne. Und genießt die Rote vom Grill.
Die Nahwärme in Weitingen – so funktioniert sie und das kostet sie
Start
Heizungsbauer Steffen Frank hatte die Idee, eine Anlage zu bauen, um ursprünglich sechs Häuser nebenan mit zu versorgen. 2014 der Start. Seitdem wurden bei jeder Leitungslegung in Weitingen Mikro-Leerrohre für zukünftige Leitungen verlegt. Inzwischen sind 65 Häuser angeschlossen. Allein im vergangenen Jahr gab es 25 Neuanschlüsse. Die Zentrale ist im Gebäude von Frank. Der Energiehof Weitingen sorgt mit seinem Biogas im Sommer für die Wärme.
Kosten
Die Kosten für die Nahwärme in Weitingen liegen bei 8700 Euro Anschlusskosten und 15,7 Cent Verbrauchskosten pro Kilowattstunde. Eine jährliche Grundgebühr gibt es nicht, so Geschäftsführer Steffen Frank.
Was kann Horb von Weitingen lernen?
In Horb sind die Nahwärmepläne für Ortsteile gescheitert. In Rexingen wurden Leitungen für über 50 Häuser verlegt, nur 27 haben einen Wärmeliefervertrag unterschrieben. Jetzt droht Anschlusszwang. Gäuwärme-Geschäftsführer Steffen Frank: „Die Preise an sich sind okay. Der Wechsel in der Preisgestaltung zum hohen jährlichen Grundpreis hat die Leute abgeschreckt.“