Moderator Benjamin Finis (von links) spannte mit den Kandidaten und Kandidatinnen – hier: Saskia Esken, Sarah Haug und Thomas Hanser – einen weiten Themenbogen Foto: Fotos: Buchner

Die Bundestagskandidaten der sechs aussichtsreichsten Parteien unterhielten sich im Altensteiger JMS-Zentrum über eine ganze Reihe von Themen. Kontrovers wurde es erst nach einer Zuhörer-Frage.

Altensteig - Nachdem das Format "Talk am Abend" schon bei der Bundestagswahl vor vier Jahren ein Erfolg wurde, legte das Altensteiger Jugend-, Missions- und Sozialwerk vor dem anstehenden Urnengang nach und lud die Bewerber der sechs aussichtsreichsten Parteien zum Gespräch ein. Moderator Benjamin Finis bat vor rund 50 Zuschauern im Saal nacheinander Saskia Esken (SPD), Klaus Mack (CDU), Sarah Haug (Grüne), Michael König (FDP), Marcus Lotzin (AfD) und Thomas Hanser (Linke) auf die Bühne. Nach kurzen Vorstellungen und ersten Positionierungen kamen die wohlfeilen Themen aufs Tapet – Infrastruktur, Digitalisierung, Bildung, Wohnungsnot.

Wie Benjamin Finis erklärte, habe er das Thema Coronapolitik bewusst aus der Diskussion heraushalten wollen, weil es eigentlich genug Gesprächsstoff für eine eigene Veranstaltung biete. Da jedoch ein Zuhörer explizit nachfragte, stand es dann doch im Raum.

Thomas Hanser räumte ein, sich mit einer Entscheidung für oder gegen eine Impfung schwer zu tun. Wenn er sich denn impfen lasse, dann nur, um andere zu schützen und nicht als Bedingung für das Wiedererlangen von Freiheitsrechten.

Sarah Haug verwies darauf, dass die Auslastung der Intensivbetten wieder steige und dass wieder der Herbst bevorstehe. Dennoch sei sie für sich noch nicht zu einer endgültigen Entscheidung wegen der Einführung einer 2G-Regel gekommen, denn "ich will keine Spaltung."

Saskia Esken zeigte auf, dass mittlerweile allen, die für eine Impfung infrage kommen, ein entsprechendes Angebot gemacht worden sei. Es gehe nicht nur darum sich selbst zu schützen, sondern auch darum, zu verhindern, "dass wir im Herbst wieder in eine hohe Welle reinlaufen", darum, das Intensivpflegepersonal zu entlasten, einen neuerlichen Lockdown und Schulschließungen zu vermeiden..

Klaus Mack erinnerte daran, dass vor allem Kinder viele Einschränkungen hätten hinnehmen müssen und dass es oberstes Ziel sei, Herdenimmunität zu erreichen – "da hört die persönliche Freiheit dann ein Stückweit auf". Er hält es vor diesem Hintergrund für legitim, "die Zügel etwas anzuziehen".

Michael König sieht es eigentlich genau so, findet aber, dass man niemanden zu einer Impfung zwingen kann. "Ich möchte niemanden vom öffentliche Leben ausschließen, denn eine Spaltung wäre problematisch."

Marcus Lotzin schließlich hält eine 2G-Regelung für absurd – "da geht es immerhin um Grundrechte".

Es sei bezeichnend, dass die Regierung die Einschränkungen erst nach den Wahlen einführen wolle, stichelte Thomas Hanser. Saskia Esken konterte, dass, wenn dies wahltaktisch motiviert wäre, es ziemlich dumm wäre, es schon vorher zu verraten. Die Regierung habe zugesagt, dass Einschränkungen zurück genommen würden, wenn jeder ein Impfangebot erhalten habe, legte Hanser nach. Genau das sei doch geschehen, hielt Esken dagegen: "Die Läden sind offen, die Gaststätten sind offen, wir haben Präsenzunterricht!"

Nach diesem emotionalen Höhepunkt der Diskussion läutete Benjamin Finis die Schlussrunde ein. Warum man ausgerechnet ihn oder sie wählen sollte, fragte er die Kandidaten und Kandidatinnen.

Thomas Hanser nahm für sich in Anspruch, "der einzige unbestechliche Kandidat" zu sein, weil die Linke keine Parteispenden annehme. Seine Kandidatur verstehe er aber auch als Ermutigung an alle, sich zu engagieren: "Ich sitze hier als Unterschichtler mit 13 Euro Stundenlohn und diskutiere mit Leuten, die Physik studieren, mit Parteivorsitzenden und Bürgermeistern – das könnt Ihr auch."

"Am Ende entscheidetder Bürger"

In dieser Legislaturperiode müsste endlich das Thema Klimaschutz angepackt werden, denn die Veränderungen und Auswirkungen seinen dramatisch, sagte Sarah Haug. "Dafür stehen die Grünen, und dafür stehe auch ich."

Jeder sollte selbstbestimmt leben können, und dafür müsse es gerechter zugehen, so Saskia Esken. Deshalb müsse der Staat im Bildungs-, Steuer- und Sozialsystem für Ausgleich sorgen: "Die Teilhabe für alle muss in allen Bereichen die wichtigste Rolle spielen." Deshalb wolle sie für die wirken, die keine Lobby haben.

Klaus Mack sieht eine große Herausforderung darin, die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu erhalten, denn das betreffe auch die Unternehmen im Kreis. Auch ihm sei Klimaschutz wichtig, allerdings müsse der bezahlbar sein.

Michael König hält es für wichtig, dass Deutschland in den Bereichen Bildung und Wissenschaft eine Führungsrolle einnimmt. Außerdem müssten Wirtschaft und Ökologie unt einen Hut gebracht werden. "Viele Probleme lassen sich nur global lösen, trotzdem sollten wir als gutes Beispiel voran gehen", lautete sein Fazit.

Marcus Lotzins Anliegen sind eine leistungsfähige Wirtschaft, Erhalt des Wohlstands, Bildung, Familienförderung und bezahlbarer Wohnraum. Schon in seiner Funktion als Kommunalpolitiker sei er regelmäßig auf dem Wochenmarkt präsent und für alle Bürger ansprechbar. "Am Ende entscheidet der Bürger", nahm er Benjamin Finis’ Schlusswort voraus.

Der dankte den Kandidaten für ihr Engagement: "Öffentlich in Frage gestellt zu werden, ist sicher nicht einfach – dafür Ihnen allen meinen größten Respekt."