Zum sechsten und letzten Mal gastierte Elias Raatz mit seinem Poetry Slam in der Neckarhalle in Schwenningen
Die sechste Ausgabe des Dichterwettstreite hatte ehrlicherweise leichte Anlaufschwierigkeiten.
Dann aber kam nach der Pause Helen Jakubowski auf die Bühne. Die zwölfjährige Rottweilerin ist neu in der Poetry Slam-Szene und absolvierte in der Neckarstadt ihren erst fünften Auftritt.
Aber sie scheint ein Naturtalent zu sein, denn ihr Text darüber, „dass mir ganz viele Leute sagen, was ich machen muss“, hat schon so viel, was die Texte bei solchen Dichterwettstreiten ausmachen: Rhythmus, Struktur, Wortspiel und Botschaft. Inspiriert von der Songzeile „Boys don’t cry“ der Band The Cure entfaltete die Nachwuchsdichterin einen tiefsinnigen Text mit der Botschaft „People, do cry“: Leute, steht zu euren Gefühlen. Kein Wunder, dass sie in den kommenden Tagen bei den baden-württembergischen U20-Meisterschaften antreten darf, denn das war schon richtiger Poetry Slam.
Die Siegerin
Und wie als hätten die Profis, die beim eigentlichen Wettstreit des Abends um eine Flasche Rotwein und ganz viel Ruhm und Ehre angetreten waren, den Druck gespürt, waren auch die Texte der zweiten Hälfte des Abends wesentlich gelungener, sprachlich und inhaltlich feinsinniger, und die Jury aus fünf mehr oder weniger zufällig ausgewählten Zuschauenden zückte spätestens beim letzten Text der finalen Siegerin des Abends Lotta Emilia aus München die Höchstwertung von zehn Punkten.
So entschied sie mit ihrem nachdenklichen und tiefsinnigen, aber gleichzeitig auch erfrischenden Text über den Einfluss von Künstlicher Intelligenz auf Alltag und Kunst den Wettstreit letztlich klar für sich. Ein bisschen war dieser Text auch eine Anspielung auf Julia Engelmann, die vor gut zehn Jahren das Format des modernen Dichterwettstreits mit ihrem Text „One Day“ erst in der Breite bekannt gemacht hat.
Während Engelmann darüber nachdachte, was man im Alter alles so zu erzählen haben könnte, stellte Lotta Emilia in der Neckarhalle die Frage danach, welche Erinnerungen denn in Zeiten von künstlicher Kunst noch blieben, und spann damit quasi einen Bogen zu den Anfängen.
Das Finale
Denn der Abend am Donnerstag war gleichzeitig eine Art Abschied. Nach sechs Jahren wird es im kommenden Jahr für die Veranstaltung unter der Ägide von Moderator und Organisator Elias Raatz keine Fortführung dieses Formats mehr in der Neckarhalle geben, die auch bei dieser Ausgabe leider nicht einmal halb gefüllt war. Immerhin hielt sich die Verteilung von Neulingen und alten Hasen zumindest bei dieser Dernière die Waage.