Die "Theaterbühne im Keller" spielte August Strindbergs "Totentanz" in der Fassung von Friedrich Dürrenmatt. Die Ehe von Alice (Katrin Bucherer) und dem Militärschriftsteller Edgar (Reinhard Kattinger) ist die Hölle, die der aalglatte Vetter Kart (Ralf Kuchheuser) noch anfeuert. Quelle: Unbekannt

In zwölf Szenen ist August Strindbergs "Totentanz" am Freitag und am Samstag im sehr gut besuchten Stiftsschaffneikeller aufgeführt worden. Die Ehehölle der "Theaterbühne im Keller" ist teuflisch gut gewesen, so das Urteil des Publikums.

LahrDer Clou der zwei Darstellungen von August Strindbergs "Totentanz" waren zwölf Runden – also zwölf Szenen des Einakters. Die sollten an einen Boxkampf erinnern. Ein Gong und die jeweilige monotone Ankündigung des nächsten thematischen Fights passten gut zur Intention von "Play Strindberg". Das ist der Titel einer eigenen Inszenierung des Dramas von Friedrich Dürrenmatt Ende der 1960er-Jahre.

Alice (Katrin Bucherer) und Edgar (Reinhard Kattinger) sind seit 25 Jahren verheiratet. Die Ehe ist hoffnungslos zerstritten, nur der Hass kittet beide zusammen. Sie leben dazu in einem Leuchtturm auf einer einsamen Insel. Bucherer spielt die ehemalige Grande Dame und gefeierte Schauspielerin Alice grandios. Nur leider hat Alice ihren Zenit längst überschritten. Kattinger gibt den säbelrasselnden Militärschriftsteller Edgar, der zwischen gespielten Ohnmachtsanfällen und einem Schlaganfall auf der Bühne wunderbar bramarbasiert. Alices Vetter Kurt (Ralf Kuchheuser) hat sich auf einen Besuch angekündigt. Der aalglatte Kurt, vermutlich der ehemalige Geliebte von Alice, befeuert den Streit gerade durch seine Ruhe und die notwendige Distanz.

Die ersten acht Runden des Kampfes werden von den üblichen Klischees getragen, mit guten Wortspielen, die zum Streit zwischen Ehepaaren auf jede Bühne gehören. Es liegt an der Qualität der Dialoge und aller drei Darsteller, dass die hohlen Phrasen auch in Wiederholungen das Stück am Leben halten. "Warum hasst ihr euch?" Edgar ist hier die Scheinheiligkeit in Person. "Weil wir geheiratet haben" faucht Alice zurück. Die Anfälle Kattingers sind eine sorgsam inszenierte und langsame Steigerung, die die Zuschauer aber erst nach dem "echten" Zusammenbruch am Ende der achten Runde erkennen.

Jetzt ist Edgar ein Wrack und bleibt für den Rest des Dramas unsichtbar. Kattinger nimmt nach dem Gong zur neunten Runde deutlich erkennbar auf einem Sessel Platz, der umgekehrt zum Publikum auf der Bühne steht. Er ist bis zum Ende nur noch mit der Stimme präsent, aber wie. Er sei gelähmt, informiert Alice ihren Vetter, nachdem sie mit ihm zwischen zwei Runden im Bett gewesen sein könnte.

Musik als Sahnehäubchen im Ehekrieg

Das sinnlose Gebrabbel Kattingers und die rabenschwarzen Interpretationen von Alice sind auf der Bühne ganz wunderbar gewesen. Die Musik – "Solveigs Lied" aus Edvard Griegs "Peer Gynt" für Alice und Johan Halvorsens "Einzugsmarsch der Bojaren" für Edgar – war das Sahnehäubchen im Ehekrieg.

Am Ende des Dramas bekommt der Darsteller des Edgars einen Sieg nach Punkten zugesprochen. Gerade das sinnlose und nicht mehr sichtbare Gebrabbel war in der Inszenierung nicht zu toppen. Das mindert nicht die Leistung aller drei Darsteller. Bucherer und Kattinger hatten den Vorteil, dass sie im Ehestreit alle Register – Tränen, Hysterie und Gekeife gegen Gebrüll, Gepolter und Grimassen sowie Lug und Trug auf beiden Seiten – anwenden konnten. Kuchheuser als der weltgewandte Vetter hätte da eigentlich einen schweren Stand gehabt. Er hatte nur die Täuschung  als Register zur Verfügung. Alle drei Darsteller und Regisseur Christopher Kern haben in der Aufführung das Kunststück fertiggebracht, die Balance zu halten. Beim Versuch, sich an die Wand zu spielen, mussten die Eheleute scheitern. Da half auch das eher unauffällige Zündeln des Vetters mit einer dunklen Vergangenheit nicht. Aus der Hölle war am Ende kein Entkommen möglich.

Der Kabarettist Matthias Deutschmann kommt am Freitag, 2. Dezember, um 20 Uhr in den Stiftsschaffneikeller. "Mephisto Consulting destilliert den naturtrüben Most der Politik zu einer glasklaren satirischen Quintessenz. Es bietet hochauflösende Propagandafrüherkennung, robuste Selbstverteidigungstechniken gegen den digitalen Mob und feine Ironie in eigener Sache", heißt es in der Ankündigung.