Erst wurde es als Kleinkinderschule genutzt, später diente es als Hühnerstall. Jetzt muss das Gebäude abgerissen werden, damit Platz geschaffen wird für den neuen Kindergarten. Foto: Bohnert-Seidel

Entlang der Oberweierer Straße wird Platz geschaffen für den neuen kommunalen Kindergarten.

Einst war es eine Kleinkinderschule dann ein Hühnerstall – demnächst wird das eher unscheinbare Gebäude entlang der Oberweirer Straße nach 127 Jahren abgerissen und weicht einer Baustraße zur Errichtung des neuen Kindergartens.

 

In Heiligenzell verkündete Ortsvorsteher Gerold Kadenbach in seiner letzten Sitzung im Jahr 2024 den Abriss der alten Klostermauer entlang der Oberweirer Straße. Dabei handelt es sich um ein Stück Mauer von gut 60 Metern Länge. Mit dem Abriss der Mauer folgt auch der Abriss des ehemaligen Hühnerstalls der früheren St. Elisabethschwestern. Mit Verkehrsbehinderungen sei auf diesem Abschnitt zu rechnen. Der Abbruch müsse sein, weil die Strecke als Baustraße für die Bauabschnitte zur Errichtung des ersten kommunalen Kindergartens auf dem ehemaligen Klostergelände dienen soll.

Mit dem Abriss der alten Klostermauer, die um 1897 errichtet worden sein dürfte, geht auch ein Stück Heiligenzeller Geschichte verloren. Was die Heiligenzeller eigentlich als „alten Hühnerstall“ bezeichnen, in einem Gebäude, das sich direkt mit seinem westlichen Mauerwerk in die Straße einfügte, wurde der erste Kindergarten im Jahr 1897 eingerichtet.

Kinder mussten für die Betreuung wöchentlich 15 oder 20 Pfennig zahlen

Als im Jahr 1871 die Geschwister Franziska, Magdalena und Maria nach Heiligenzell gekommen sind, wurde ihnen das ehemalige Graumann Gebäude, im Jahr 1860 von Hermann Graumann errichtet, zur Verfügung gestellt. Die Schwestern kümmerten sich um Waisenkinder und schlossen sich 1893 dem Orden der Franziskanerinnen in Gengenbach an. Schwestern zogen nach Heiligenzell. Bald haben sie jedoch erkannt, dass Frauen berufstätig waren, früh aufs Feld mussten oder in die Zigarrenfabrik. Über die Anzahl der Kinder war damals nichts bekannt.

Die Vielzahl von Kindern ließ die Schwestern den ersten Kindergarten von Heiligenzell im Jahr 1897 errichten. Das Kinderheim wurde im Jahr 1909 aufgelöst. Die errichtete Kleinkinderschule grenzte auf westlicher Seite an die Verbindungsstraße nach Oberweier. Am 6. Juli 1897 wurde die erste „Kleinkinderschule“, die von den Schwestern „St. Elisabethschwestern“ erbaut und betrieben wurde, eröffnet. Heiligenzell leistete zum Bau dieser „Kleinkinderschule“ eine finanzielle Beihilfe. Der größte Anteil der Baukosten wurde jedoch von den Schwestern selbst übernommen. Sie haben auch den Bauplatz zur Verfügung gestellt. Es ist von 50 bis 60 Kindern in der Kirchenchronik von Franz Roth die Rede, die diese Schule täglich besuchten. Kostenlos war die Kinderbetreuung aber auch damals nicht. Jedes Kind brachte einmal wöchentlich, je nach Alter, 15 oder 20 Pfennig von Zuhause mit.

Nachdem jedoch Ende 1929 das Josefshaus in der Oberweirer Straße, direkt gegenüber der alten Kleinkinderschule, fertig gestellt war, wurde dieses offiziell als neuer „Kindergarten“ eingeweiht. Am 7. Januar 1930 zogen die Kleinkinder in das Gebäude ein. Im Keller wurde das Volksbad eröffnet und im Obergeschoss stand eine Schwesternwohnung sowie eine Industrieschule, in der junge Frauen in der Regel einen Nähkurs besuchten, zur Verfügung. Im Jahr 1992 wurde der neue Kindergarten St. Katharina an die Pfarrgemeinde übergeben und das Josefshaus in Heiligenzell wurde zum „Gemeinde-Zentrum“ umgebaut.

Nachdem die Kleinkinder ihre neue Heimat gefunden haben, wurde das frühere Gebäude entlang der Straße von den St. Elisabethschwestern als Schuppen und Hühnerstall genutzt. Auf dem Gelände hatten die Hühner ausreichend Auslauf.

Im Jahr 2014 wurden die Franziskanerinnen-Schwestern, die 121 Jahre in Heiligenzell gewirkt haben, in einem Festgottesdienst verabschiedet. Das Gelände wurde an die Gemeinde Friesenheim verkauft.